Hallo!
Zu deinen Bemerkungen, denen ich z. T. zustimme, erlaube ich mir ein paar Richtigstellungen (auf Gymnasium bezogen):
Lehrer können praktisch von Beginn der Laufbahn an:
- Von wem nicht? Sie werden bewertet:
von den Schülern und Eltern aufgrund der alltäglichen Beobachtungen und Erfahrungen; der Pausenhoftratsch liefert denen, die die betreffende Lehrkraft noch nicht kennen, bereits die derzeit gültige Beurteilung von dieser Seite
- vom Dienstvorgesetzten im Rahmen der regelmäßigen und/oder außerordentlichen dienstlichen Beurteilung, von der die Höhergruppierung innerhalb der betreffenden Gehaltsstufe sowie die Verwendung in Beförderungsämtern (Fachleitung u. ä., Mitarbeit in Kommissionen für Lehrpläne usw.) und auch de dazugehörigen Wartezeiten abhängen. Die erste dieser Beurteilungen, die man im Personalakt sein ganzes Dienstleben hindurch mitschleppt und bei Schulwechsel mitnimmt, stammt schon aus den ersten Dienstjahren, alle paar Jahre kommt eine neue hinzu; in Bayern wurde sogar die Regelung abgeschafft, dass über Fünfundfünfzigjährige nur noch auf Antrag beurteilt werden.
- durch die ständigen Anrufer bei der Schulleitung oder in der Hauptstadt gleich im Ministerium.
- durch die Konkurrenz der Schulen am gleichen Ort oder in der näheren Umgebung,
- sich und ihre Arbeit kaum vergleichen
Da kennst du den Lehrerzimmertratsch nicht: Wenn du von dem eine Klasse übernimmst, dann ist der Kenntnisstand nahe Null. Wie soll man mit denen arbeiten können, so wie der die nicht gezogen hat? Die ist streng, eine Furie ja, aber beigebracht hat sie ihnen was. Das ist ein Windmacher, bis Allerheiigen habe ich zu tun, um seinen Rückstand aus dem Vorjahr aufzuholen. … … …
- nichts gewinnen oder verlieren (Geld oder Anerkennung)
Doch!
Geld: Erst (viele Jahre) nach der Beförderung erfolgt die Eingruppierung in eine höhere Gehaltsstufe.
Anerkennung: Um die Reputation bei den Kollegen, den Schülern und den Eltern ist es schnell geschehen. Ist der Ruf erst ruiniert, kann er kaum noch wiederhergestellt werden.
- über 50% ihrer Arbeitszeit frei verfügen, ohne jede
Kontrolle
Meinst du wirklich, es fällt nicht auf, wenn der Unterricht nicht oder schlampig vorbereitet ist, wenn die Medien nicht bereitgestellt sind oder nicht funktionieren, wenn Hausaufgaben nicht überprüft werden, wenn Prüfungsaufgaben fehlerhaft erstellt sind, wenn die Korrektur zu lange dauert, wenn Noten nicht plausibel sind, wenn Schülerfragen nicht beantwortet werden können usw.? An jedem Vormittag wird er von mindestens hundert Augenpaaren beobachtet. Und die zugehörigen Köpfe sind nicht immer objektiv oder wohlgesonnen. Vergleiche bloß mal die Blogs!
Ich kenne Lehrer, die das Konstrukt eines Arbeitstages (einen
Großteil des Tages arbeiten) nicht kennen. Begriffe wie
Belastung, Feierabend, Beruf oder Privatleben bekommen dabei
völlig andere Bedeutungen, was Diskussionen ungemein
erschwert.
Da magst du recht haben. Ich kenne aber auch Leute, die aus realer Erschöpfung oder aus psychischen Gründen erst am späten Nachmittag sich an den Schreibtisch setzten können. Im Privatleben können daraus Tragödien entstehen.
P.S.: Das Argument der Konferenzen, Elternanrufe etc. nach
Feierabend.
Zustimmung. Das ist keine ernstzunehmende Belastung. Es wird als solche empfunden, weil es nicht in den gewohnten Tagesablauf passt.
P.S.2: Mich persönlich würde es z.B. interessieren, ob Lehrer
mit festen Arbeitszeiten an der Schule (incl. Cubical zur
Korrektur, Vorbereiten etc, Weiterbildung in den Ferien)
zufriedener wären.
Nach- und Vorbereitung des Unterrichts in der Schule: Zumindest solange es dafür keinen Arbeitsplatz gibt, der etwa einem normalen Büroplatz entspricht, wünsche ich das weder mir noch sonstwem: Fachliteratur vorhanden und in greifbarer Nähe? PC am Arbeitsplatz vorhanden? Ruhe inn- und außerhalb des Raums? Betreuung der eigenen Kinder zu Hause? …
Fortbildung in den Ferein: Mir ist mehr gedient, wenn ich vor Schulbeginn mich zu Hause auf den Unterricht in der Obserstufe vorereite.
Keine Ahnung, wie und wo man das
untersuchen könnte.
Das weiß ich auch nicht. Helfen könnte: Leute rechtzeitig aussortieren, die Schule als Halbtagsjob auffassen („Vormittags habe ich Recht und nachmittags frei“); in der Referendarausbildung hierzu sehr konkret werden; Arbeitsbedingungen schaffen, die den Elan des Anfangs nicht ersticken; davon vielleicht am wichtigsten: einmal fünf Jahre lang die Leute in Ruhe unterrichten lassen, ohne dass ständig neue Vorschriften, Richtlinien, Pläne, Gesetze und Experimente die vernünftige Kontinuität des Unterrichts stören.
Freundlichen Gruß!
H.