toleranter Friedensprediger?
Salaam Aqib,
„Pulk bärtiger Herren mit Tropenanzügen“ zeigt doch schon die
Haltung des Autors zu Muslimen.
tatsächlich? Nun, von den Muslimen, die ich persönlich kenne, tragen zwar einige einen Bart - das tun aber auch viele Nichtmuslime, die ich kenne. Ich selbst übrigens auch. Eine Djellabah oder wie auch immer diese in unserem Klima eher unpraktischen Anzüge heißen mögen, trägt allerdings keiner von ihnen. Ist es nicht naheliegender, dass da allenfalls eine „Haltung“ gegenüber einer speziellen Sorte von Muslimen sichtbar wird? Und wäre eine solche „Haltung“ - einen Tag nach dem tätlichen Angriff auf ihn - nicht nachvollziehbar oder doch zumindest verständlich?
Da ich den Autor näher kenne, kann ich Dir sagen, dass er zu Muslimen allgemein überhaupt keine „Haltung“ hat. Er hat eine klare Haltung zu den Menschenrechten und setzt sich seit Jahrzehnten aktiv politisch für ihre Durchsetzung ein. Aufgrund einer ernsten Erkrankung ist schwerbehindert und Frührentner - von seiner Zeit wendet er einen großen Teil dafür auf, asiatische Migranten in Frankfurt bei Behördengängen, bei der Gründung von Vereinen usw. usf. (selbstverständlich kostenlos) zu begleiten, beraten und zu unterstützen. Nein - ein islamophober Ausländerfeind ist Herbert nun wirklich nicht.
Das kann durchaus vorgekommen sein. Aber, Pierre Vogel ruft
aktiv zur Gewaltfreiheit gegenüber Nichtmuslimen auf.
Auch ich habe einige Jahrzehnte politischer Erfahrung hinter mir und habe einen Blick für ‚hidden agendas‘ - etwas, das man erst mit einer gewissen Lebenserfahrung gewinnt. Bitte nimm diese Anspielung auf Dein Alter nicht als persönliche Kritik und auch nicht als Argument - so ist es nicht gemeint. Nur als warnender Hinweis.
Ja, Pierre Vogel vermeidet es sehr geschickt und sorgfältig, mit öffentlichen Äußerungen die Grenze zu überschreiten, wo er sich Auftrittsverbote einhandeln und seine Missionsarbeit selbst behindern würde - auch wenn er Genehmigungen für seine Veranstaltungen häufig erst gerichtlich durchsetzen muss. Eine Taktik, die man ähnlich auch aus dem rechten politischen Spektrum kennt.
Man kann sich aber schon fragen, warum dieser tolerante Friedensprediger auf einer seiner Veranstaltungen einen Überraschungsgast (angekündigt hätte man diesen Auftritt verhindert wenn nicht die ganze Veranstaltung untersagt) auftreten lässt und ihm so ein öffentliches Podium verschafft, der unmittelbar nach dem Auftritt ausgewiesen wird und in diverse westliche Länder gar nicht erst einreisen darf. Nicht etwa einen Fethullah Gülen, einen Tahar Ben Jelloun, einen Ismail Khatib, einen Tariq Ramadan - um nur ein paar mögliche Namen herauszugreifen, mit denen sich vortrefflich für die Friedfertigkeit des Islam werben ließe - sondern einen Bilal Philips. Warum er meint, ein öffentliches Totengedenken für den Friedensapostel Osama Bin Laden veranstalten zu müssen und nicht etwa für - beispielsweise - Dekha Ibrahim Abdi. Ist schon merkwürdig - bzw. ist es eigentlich nicht. Gleiche Kappen, gleiche Brüder - sagt ein deutsches Sprichwort.
Leute wie Vogel, wie Philips, wie Sheikh Abdellatif - die nicht zufällig untereinander und mit der Salafisten-Szene gut vernetzt sind - sind geistige Brandstifter, Schreibtischtäter. Sie machen sich selbst nicht die Hände schmutzig oder blutig. Das macht sie vielleicht gesetzlich nicht angreifbar, aber auch nicht besser.
Ich will jetzt nicht hier das sehr komplexe Thema Taqiyya / Idtirar tiefer problematisieren, aber doch zumindest den Tafsir Ibn Kathir zu Sure 3:28 zitieren - zumal wir uns unlängst auch über diese Qu’ran-Stelle hier ausgetauscht hatten. Pierre Vogel kennt die einschlägigen Kommentare sicherlich nicht nur genausogut, sondern besser als ich:
Allah spricht:
لاَّ يَتَّخِذِ الْمُؤْمِنُونَ الْكَافِرِينَ أَوْلِيَاء مِن دُوْنِ الْمُؤْمِنِينَ …
_„Lasst die Gläubigen nicht die Ungläubigen an Stelle der Gläubigen zu Freunden [awliyaa, kann auch mit ‚Beschützer, Unterstützer‘ übersetzt werden] nehmen“
- Allah untersagte seinen gläubigen Dienern, Unterstützer[sic!] der Ungläubigen an Stelle von Gläubigen zu werden oder sie zu Genossen zu nehmen, mit denen sie Freundschaft entwickeln.
Allah warnte vor solchen Verhalten als Er sprach:_
… وَمَن يَفْعَلْ ذَلِكَ فَلَيْسَ مِنَ اللّهِ فِي شَيْءٍ …
_„Und wer immer dies tut, wird nie in irgendeiner Weise von Allah Hilfe erlangen“
- was bedeutet, wer immer diese von Allah untersagte Handlung begeht, wird von Allah verworfen._
[… es folgen Verweise auf Parallelstellen 60:1, 4:144, 5:51und 8:73]
Allah sprach als nächstes
… إِلاَّ أَن تَتَّقُواْ مِنْهُمْ تُقَاةً …
_" es sei denn, ihr fürchtet tatsächlich Gefahr von ihnen."
- was bedeutet, mit Ausnahme jener Gläubigen, die an manchen Orten oder zu manchen Zeiten für ihre Sicherheit vor den Ungläubigen fürchten. In diesem Fall ist es solchen Gläubigen erlaubt, äußerlich den Ungläubigen Freundschaft zu zeigen, niemals jedoch innerlich. Zum Beispiel zeichnete Al-Bukhari auf, dass Abu Ad-Darda’ [eigentlich Uwaymar ibn Malik al-Khazraji, ein Gefährte des Propheten] sprach: " Wir lächeln manchen Leuten ins Gesicht obwohl unser Herz sie verflucht." Al-Bukhari [bedeutender Theologe, Verfasser der wichtigsten Hadith-Sammlung] sagte, dass that Al-Hasan [früher, einflussreicher Theologe und Qu’ran-Exeget, 642-728] sprach: „Die Taqiyya [wörtl. ‚Furcht, Vorsicht‘] ist erlaubt bis zum Tag der Wiederauferstehung.“_
(zitiert nach der englischen Übersetzung auf http://www.quran4u.com, Übersetzer nicht angegeben)
Den in diesem Zusammenhang im Internet häufig zitierten Tafsir al-Tabari zu 3:28 mag ich hier nicht zitieren, da ich die Quelle aufgrund fehlender Arabischkenntnisse und einer seriösen Übersetzung nicht verifizieren kann. Hier: http://www.way-to-allah.com/dokument/Tafsir_Band2_Dr… (S. 85) ist der Kommentar leider an der entscheidenden Stelle gekürzt, was ich nicht ganz unverdächtig finde.
Freundliche Grüße,
Ralf