Hi Metaper!
„… auch wird hier kein Imperativ [„Du sollst (nicht) usw.“] verwendet, sondern nur ein normales Präsens in der zweiten Person: "Du machst (nicht) usw.“
„Im Hebr. gibt es kein „normales Präsens“, keine Entsprechung zu dem, was in der lat. Grammatik mit „Präsens“ bzw. „Imperfekt“, „Futur“, „Perfekt“ usw. bezeichnet wird.“
„ℵ Ich danke **** von ganzem Herzen, … dass er mir ein (halbwegs) „normales Präsens“ gezeigt hatte!“
[Psalm 111:1a - Luther/Neue-Walter-Übersetzung 1999]
(Habe auch schon von der These gelesen, dass es im Hebräischen gar keine Tempusformen gäbe …)
In den Büchern über die hebräische Grammatik haben sich (leider!) die irreführenden Bezeichnungen „Präformativ-Konjugation“ und „Afformativ-Konjugation“ durchgesetzt - die anderen Namensvorschläge waren allerdings auch nicht viel besser!
Mit der sog. " Präformativ-Konjugation" werden die Verben gebildet, die eine „noch andauernde Handlung“ einer (bestimmten) Person zum Ausdruck bringen sollen, in Übersetzungen wiedergegeben als „Präteritum“ [z.B. „Du machtest“], „Präsens“ [z.B. „Du machst“] und „Futur I“ [z.B. „Du wirst machen“], die Erzählform [„und er machte“] wird „Narrativ“ genannt. Der Name „Präformativ-Konjugation“ weckt den Eindruck, dass bei dieser den Verben „Präformativsilben“ vorangestellt werden, z.B. dem Wort עשה [„machen“] der Laut ת [„T“] für die 2. Person masc. sg. תעשה [„Du machst“], doch diese Konjugation verwendet auch (gleichzeitig) „Afformativsilben“, die an das Wort angehängt werden: 2. Person fem. sg. תעשי [„Du machst“], 2. Person masc. pl. תעשו [„Ihr macht“], 2. Person fem. pl.* תעשנה [„Ihr macht“], der hebräische „Narrativ“ sieht aus wie das „Präteritum“, z.B. ותעשה [„und Du machtest“]. Wörter in diesen Schreibweisen können aber auch etwas anderes bedeuten, z.B. die 3. Pers. fem. sg. תעשה [„er/sie/es macht“] oder gar nichts mit der Präformativ-Konjugation zu tun haben - die Zugehörigkeit bestimmt in jedem Fall letztendlich der Kontext, die kleine und die große Semantische Ebene.
* Im masoretischen Kanon nicht enthalten (oder ich bin blind!)
Mit der sog. " Afformativ-Konjugation" werden die Verben gebildet, die eine „abgeschlossene Handlung“ einer (bestimmten) Person zum Ausdruck bringen sollen, in Übersetzungen wiedergegeben als „Plusquamperfekt/Perfekt“ [z.B. „Du hattest gemacht“/„Du hast gemacht“] und „Futur II“ [z.B. „Du wirst gemacht haben“], Der Name „Afformativ-Konjugation“ weckt den Eindruck, dass bei dieser den Verben „Afformativsilben“ angehängt werden (was hier zutreffend wäre), z.B. dem Wort עשה [„machen“] der Laut ת [„T“] für die 2. Person masc./fem. sg. עשית [„Du hattest gemacht“/„Du hast gemacht“], bei der 2. Person masc. pl. עשיתם [„ihr hattet gemacht“/„ihr habt gemacht“], 2. Person fem. pl. עשיתן [„ihr hattet gemacht“/„ihr habt gemacht“]. Wörter mit identischen Schreibweisen wie jene in dieser Konjugation können aber auch gar nichts mit der Afformativ-Konjugation zu tun haben - die Zugehörigkeit bestimmt in jedem Fall letztendlich der Kontext, die kleine und die große Semantische Ebene.
Hebräische Schreibweisen aus der Konkordanz von S. Mandelkern, Bd. II, die Seiten 918-929 / deutsche Konjugation: http://conjd.cactus2000.de/showverb.en.php?verb=machen
Insbesondere bei der großen Semantischen Ebene haben nicht wenige Leute erhebliche Schwierigkeiten, müssten sie zur richtigen Wortbestimmung nicht nur eine ganze Bibel im Kopf haben, sondern die davon abweichenden Lesarten der anderen Versionen ebenfalls! In der Regel wurde bei Passagen mit besonderen Wortformen ein erklärender Einleitungsvers beigegeben (kleine Semantische Ebene), z.B. zu dem häufigen ועשית ab (Ex 25:8/10 = LXX) Ex 25:13 die Verse 9 etc. [Luther: „Wie ich dir ein Vorbild der Wohnung und alles ihres Geräts zeigen werde, so sollt ihr’s machen“ usw.], das hieße in diesem Fall wohl ein Futur II „Du wirst gemacht haben“ … merkwürdiger Weise relativ einheitlich „übersetzt“ aber mit einem Imperativ „Du sollst machen“. (Ob es dazu inzwischen umgeschriebene bzw. erweiterte Grammatiken gibt, dass dies ginge, weiß ich nicht!)
Natürlich gibt es in der hebräischen Bibel auch einige wenige Verbformen, die sich überhaupt nicht bestimmen lassen, weder nach der kleinen, noch nach der großen Semantischen Ebene, beispielsweise das Wort הויה [Ex 9:3]. Es handelt sich hierbei zwar eindeutig um einen Kausativ, es kann sich aber entweder um die (passive) Aktionsart „Hofal“ des Verbs היה [wird geschrieben mit einem ו [Schriftzeichen „Waw“] nach dem ersten Konsonanten] oder um die (aktive) Aktionsart „Hifil“ des Verbs הוה handeln [wird geschrieben mit einem י [Schriftzeichen „Jod“] nach dem zweiten Konsonanten], bei S. Mandelkern fälschlich unter היה [„sein/werden“] eingeordnet.
Ein Imperativ ließe sich im Hebräischen auf unterschiedliche Weise darstellen (und nicht nur mit den beiden hier vorgestellten Beispielen „Imperativ“ & „Jussiv“!). Die direkte, „echte“ Befehlsform gibt es aber nur in der 2. Person (masc./fem. & sg./pl.), wie Du bereits angemerkt hast, gebildet mit der „Präformativ-Konjugation“, aber nur mit deren Afformativsilben, nicht mit deren Präformativsilben! (vielleicht erkennt jetzt jemand, wie blöd diese Konjugationsnamen sind!)
Beispiel (fem. sg.): עשי [„Du sollst machen“]
Ebenfalls von Dir richtig angemerkt wurde, dass ein „verneinter Imperativ“ immer mit der vollständigen Schreibweise der 2. Person (Präformativ-Konjugation, Präformativsilbe & Afformativsilbe) und nach einem vorangestellten לא geschrieben wird.
Beispiel (fem. sg.): לא תעשי [„Du sollst nicht machen“]
Woran Du nun gescheitert bist: Nicht alle Wortvorkommen, die wie ein „verneinter Imperativ“ aussehen, müssen ein solcher sein! Die Zugehörigkeit bestimmt in jedem Fall letztendlich der Kontext, die kleine und die große Semantische Ebene.
Nur der „Vollständigkeit“ halber: Eine andere Möglichkeit, im Hebräischen einen Imperativ darzustellen, wäre der „Jussiv“. Hierbei wird für die 2. (und auch die 3.) Person in jedem Fall, egal ob mit oder ohne verneinendes לא , ein ganz normalen Präsens verwendet, mit Präformativ- und Afformativsilben; Beispiel: Gn 3:14b (dort für die 2. Person). Die Zugehörigkeit bestimmt in jedem Fall letztendlich der Kontext, die kleine und die große Semantische Ebene.
Wie Du in meiner Antwort vom 23.06.2013 an den Fragesteller (im „Forum“ oben, müsste im „Archiv“ aber nach dieser „kleinen Nachhilfe“ stehen) lesen kannst, hole ich sehr weit aus; Den Umstand, warum es sich bei den dort erwähnten Verheißungen Gottes nicht um Imperative handeln kann - der Grund, weshalb es auch im Dekalog keine geben dürfte - lasse ich mal offen … gehörte hier auch nicht her!
Gruß
joejac