Privatunternehmen handeln natürlich wirtschaftlicher - aber eben zu Gunsten des eigenen Gewinnes. Dies kann mit den Interessen der Patienten korrelieren, muss es aber nicht immer.
Es ist kein Naturgesetz, dass bei staatlichen Institutionen nicht rationell gedacht wird, sondern eine Frage der richtigen (monetären) Anreize für die Führungskräfte - auf diese Weise wären diese Tätigkeiten auch für karriereorientierte Personen interessanter anstatt vor allem sicherheitsbewußte Arbeitnehmer anzusprechen.
Ich bekämpfe ihn nicht, sondern versuchte zu erklären, warum ein solcher Gehaltsaufschlag nichts an den grundsätzlichen Problemen ändert, die wir im Gesundheitswesen haben.
Kühne Behauptung… Ich würde wetten, dass sich das Fachkräfteproblem im medizinischen Bereich enorm reduziert, würde wenn man die Entgelte pauschal um 10 % erhöhen.
Natürlich gibt es die anderen angesprochenen Problemfelder dann noch immer, aber nur weil man nicht die ganze Problematik lösen kann sollte man die Situation gar nicht verbessern?
Es geht nicht nur um Privatisierung. Um eine Analogie zu bemühen: wenn man einem Unternehmen den Verkaufspreis vorschreibt und das Unternehmen die Menge nicht beeinflussen kann und dazu noch vorschreibt, wie viel Gewinn es zu machen hat, dann kann es nur an den Aufwendungen schrauben, was in aller Regel am Ende zu einer schlechteren Qualität führt. Oder das Unternehmen kann gleich auf schlechtere Qualität setzen und so die Aufwendungen reduzieren.
Genau das machen wir im Gesundheitswesen: wir begrenzen den Umsatz, wollen keine höheren Beiträge und am Ende soll das ganze System auch keine Verluste produzieren. Das funktioniert nicht bei gleichbleibender Qualität.
Klar, man kann viele Prämissen aufstellen, unter denen staatliche Unternehmen bzw. Unternehmungen funktionieren könnte, nur sind die halt in der Realität nicht erfüllt. Das hat mit dem Haushaltsrecht zu tun, mit der Ausbildung bzw. letztlich mit der Bezahlung der Arbeitnehmer (inkl. Führungskräfte), mit systemimmanenten Anreizsystemen usw.
Ich schätze, dass der größte Teil der Pflegekräfte wegen der Arbeitsbedingungen gekündigt hat und nicht wegen des Geldes. Einen beruflichen Burnout kannst du nicht mit 10% mehr Gehalt kurieren.
Den Personalschlüssel so ändern, dass pro Pflegekraft nur noch halb so viele Patienten zu betreuen sind - das wäre für Pflegepersonal und Patienten ein Segen, und die Abwanderung des Personals wäre gestoppt.
Hallo,
grundsätzlich stimme ich dem zu, dass allein eine Gehaltsaufbesserung die Lage ändern würde, das glaube ich auch nicht. Ich meine aber, dass bei entsprechend guter Bezahlung eben auch die Personalknappheit bekämpft würde und wir dann zu den (hoffentlich) vorhandenen Möbeln dann auch die notwendigen Pfleger/innen haben würden. Und wenn wir genug Personal haben, dann werden auch die Arbeitsbedingungen besser.
Gruss
Czauderna
Tut mir leid. Du hast aber wenigstens eine mögliche Diskussionen über notwendige oder wenigstens hilfreiche Änderungen im Gesundheitswesen totgeschlagen. Ist ja auch ein Erfolg.
Dem stimme ich nicht ganz zu. Die Berufswahl erfolgt oft in einem Alter, die Entscheidung, im Beruf zu bleiben in einer anderen Lebensphase.
Während man als Single finanziell mit sehr wenig auskommt, vollkommen flexibel ist und kein Problem hat, die Nächte durchzumachen ändert sich das später.
Ist man dazu noch der „Nebenverdiener“ der Familie, dann tarieren sich Aufwand und Einkommen in der neuen Lebenssituation mit Kindern und Partner anders ein. Oft genug gegen einen weiteren Verbleib im Schichtsystem der Pflege.
Ich denke, das trüge tatsächlich teilweise dazu bei.
Oft hört man davon, dass Pflegekräfte neben dem Teilzeitjob in der Klinik noch Nebenverdienst haben. Wäre die Klinik attraktiver, ginge das vielleicht zu Lasten der Nebenjobs: Blöd, wenn es die ambulante Pflege betrifft, nicht so schlimm, wenn es Jobs betrifft, für die diejenigen schlicht überqualifiziert sind …
Deine differenziertere Sichtweise ist sicherlich zutreffend. Es ist ein bißchen wie beim Benzinpreis: nur, weil der um zehn Cent steigt, lassen nicht alle schlagartig das Auto stehen, aber ein paar fahren doch etwas weniger. Bei einigen würde ein höheres Gehalt sicherlich dazu beitragen, daß sie andere Mißstände im System aber auch spezifisch im jeweiligen Haus länger ertragen/gelassener hinnehmen.
Letztlich kaschiert also ein höheres Gehalt auch, was alles falsch läuft und führt dazu vielleicht auch dazu, daß andere Probleme (weiterhin) von der Politik und den Betreibern ignoriert werden können. Was ein höheres Gehalt nicht per se zu etwas schlechtem macht.
Die stand hier gar nicht zur Diskussion. Und ich habe sie auch nicht totgeschlagen.
Letzlich würden nicht nur Intensivpfleger ein höheres Gehalt fordern. Und die höheren Kosten würden irgendwann vielleicht auch mehr auslösen als nichtsnutzigen Beifall (welcher Verbrecher hat sich das als Placebo eigentlich ausgedacht?).
Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass die herrschende Korruption der herrschenden Gruppe es verhindern wird, zu einer Lösung zu kommen. Wie bei den meisten anderen Themen auch (Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Kapitalertragssteuer, Flugbenzin, Kohlesubventionen,Atomkraftsubvention, Landwirtschaftssubvention,…tbc.)
Man fragt sich, wann das Gehalt zum Schmerzensgeld wird
Ich bin mir noch nicht sicher, wie ein Gesundheitswesen ohne Probleme aussieht; ich habe da wirklich kein Patentrezept.
Ich denke nur, dass unglaublich viel parasitäre Kosten eingepreist sind: Kosten für Personalagenturen, die nicht vorhandenes Personal für viel Geld verwalten. Kosten für monopolbildende Zertifizierungen. Kosten für eine Verwaltung, die den Leuten am Patienten oft Zusatzarbeit verschafft. Kosten dafür, dass Personal am Telefon sitzt um Ersatz für ausgefallene Kollegen zu suchen anstelle zu pflegen. Kosten für endlose Diskussionen mit Kostenträgern. Kosten für Kosten für Kosten…
Hallo,
mehr Personal, bessere Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen, das wäre es.
Früher war alles besser? - Mit Sicherheit nicht alles, aber einiges doch schon.
So war es besser, dass nur das bezahlt wurde, was auch wirklich erbracht wurde, also keine Pauschalen, deren Abrechnung dazu führten, dass die sog. 5-Minuten-Behandlung aufkam, also
Time is money. Früher wurde der Arzt nach seiner tatsächlichen Aufwand bezahlt. Früher gab es im Krankenhaus Pflegesätze pro Tag, die zwar auch eine Pauschalabgeltung darstellten, aber so berechnet wurden, dass alles (Normale) berücksichtigt wurde, also vom Operateur bis hin zur Reinigungskraft - dazu gab es dann eben Sonderentgelte für über das Maß des Normalen hinausgehende Fälle, z.B. Herz-Op`s oder Knochemarkübertragungen oder Chemotherapien.
Es war auch nicht so, dass im Gesundheitswesen die Gewinnerträge entscheidend waren, sondern, dass es in erster Linie um die beste Versorgung der Versicherten ging. Erst als sich, gerade wegen der Gewinnoptimierung, die Formel Kostenminimierung plus Personalersparnis = Höherer Gewinn
immer mehr durchsetzte, ging es grundsätzlich in vielen Bereichen des Gesundheitswesens bergab.
Kaschiert wurde das Ganze durch die Tatsache, dass das Gesundheitswesen in Deutschland immer noch, bis heute, zu den Besten auf der Welt zählt und das gilt auch für die Pflegeversicherung, die es seit dem 1995 in dieser Form gibt.
Wie gesagt, gerade im stationären Bereich der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung
hat Corona die Mängel aufgezeigt. Und es ist wie immer, die Politik zaudert und zögert und es kommt nicht von Ungefähr, dass der Posten des Gesundheitsministers/in ein sehr Undankbarer war und ist.
Um es nicht ausufern zu lassen - manches, was früher war im Gesundheitswesen, sollte wiederkommen - es wäre machbar.
Gruss
Czauderna
alles richtig und dennoch möchte ich ergänzen, daß es nicht nur um die Gewinnoptimierung geht, sondern auch gesellschaftlich und politisch gewollt und vielleicht ein Stückweit notwendig war, den Anstieg der Krankenkassenbeiträge zu bremsen. Frau Schmidt erwähnte ich bereits, die ihren Beitrag zu dem Dogma geleistet hat. Weiterhin sehe ich die Vollkasko-Ausrichtung bzw. deren Wirkung auf das Patientenverhalten auch als einen der wichtigen Faktoren dafür an, daß die Kosten aus dem Ruder liefen und man an allen Seiten herumzuschrauben, um bloß die Beträge halten zu können.
Den Vergleich zum produzierenden Gewerbe zog ich bereits: wenn man den Preis begrenzt, die Ausstattung und die Farbe festlegt und verlangt, daß ein bestimmter Gewinn nicht unterschritten werden darf, dann kann man am Ende als Hersteller nur noch an den Aufwendungen (i.W. Personal und Material) bzw. der Qualität etwas drehen. Beim Gesundheitssystem kommt erschwerend hinzu, daß die Leute immer länger leben und mehr (und teurere) Behandlung in Anspruch nehmen. Wenn wir an der Begrenzung der Beiträge festhalten und nichts an der Inanspruchnahme des Systems etwas ändern, wird die Lage nicht besser, sondern schlechter werden. Was war das damals für ein Aufschrei, als die Rezeptgebühren eingeführt wurden. M.E. führt kein Weg daran vorbei, daß die Inanspruchnahme des Systems im Bereich von alltäglicher, billiger Behandlung den Patienten Geld kosten wird und zwar mehr als nur ein paar Euro für die Rezeptgebühr.
Letztlich wird man an einer grundsätzlichen Reform nicht vorbeikommen, aber dafür muß es erst einmal richtig krachen. Bis dahin wird an den kleinsten Schräubchen herumgedreht, um für den Moment etwas zu kitten.
der Nachteil des alten Vergütungssystems für die Versicherten war doch, dass es für die Krankenhäuser keinen Anreiz gab, Ausgaben zu begrenzen.
Früher gab es im Krankenhaus Pflegesätze pro Tag, …
Ja und das führte dazu, dass Patienten noch im Krankenhaus behalten wurden, obwohl sie aus medizinischer Sicht schon längst hätten zu Hause sein können. Die Patienten-Verweildauer im Krankenhaus war bei dem alten System nahezu doppelt so hoch.
Die nackten Zahlen zeigen aber, dass das Ziel, Gesundheitskosten zu verringern, verfehlt wurde. Die Kosten den Gesundheitswesens in Bezug auf das BIP entwickeln sich seit vielen Jahren im Schnitt linear. Link zu Statista Mit anderen Worten, durch die Privatisierung des Gesundheitswesens haben sich keine gesamtgesellschaftlichen Einsparungen gezeigt. Jetzt fließt allerdings ein Teil dieses Geldes leistungslos in einige Taschen (mal die Kostensteigerungen der Medikamente durch eine phantasiebegabte Pharmawirtschaft bewusst ausgeklammert)…
Zugleich fühlen sich die Patienten schlechter behandelt, ein großer Teil des Personals der Kliniken fühlt sich überlastet und es mehren sich Berichte, wonach vermehrt Behandlungen durchgeführt werden, deren Nutzen zu diesem Zeitpunkt zumindest zweifelhaft sind, die aber Geld in die Kassen spülen.
Ich würde das als eine loose-loose-loose-win-Situation bezeichnen.
Und wenn ich mir überlege, dass Lindner, Merz und wahrschienlich auch Scholz das Verwalten der Rentenbeiträge ähnlich privatisieren wollen, wird mir ganz schlecht…
Das kann man auch dadurch schaffen, dass man die privaten Krankenkassen abschafft und alle in die Pflichtkassen einzahlen lässt.
Das war aber natürlich natürlich weder von der Versicherungslobby noch von den Reichen noch von ihren Hörigen in den Reihen der Herrschenden gewollt.