Moin Marion,
Dann wären die Juden wieder mittenmang zwischen denen gewesen, die sie Jahrtausende verachtet, drangsaliert, massakriert haben - kaum vorstellbar, dass das je funktioniert hätte.
Das war so eine Vorstellung von mir, resultierend aus den Büchern, die ich gerade in letzter Zeit (wieder mal) gelesen habe. Avi Primor, Noam Chomsky, Chalmers Johnson, Gudrun Krämer (letztere: http://books.google.com/books?id=kPZbYMlrBP4C&prints…) - für manche hier im Forum natürlich liberales und linkes „Giftzeug“. Besonders interessant und auch relativ neu für mich waren hier die Beschreibungen über das Verhältnis Israel - Europa, keineswegs von Zuneigung geprägt! Avi Primor erklärt das genau mit der Jahrtausende langen Schikane der Juden. Von D ganz zu schweigen! Das Verhältnis war anfangs völlig zerrüttet. Noch Mitte der 90er Jahre hat Ezer Weizmann bekanntlich gesagt, „dass Juden eigentlich nicht in D leben könnten.“ Dem hatte Primor (als D-Botschafter) deutlich widersprochen und war dafür von Sharon gerügt worden. Aber das nur am Rande.
Ausserdem war der Drang zurück ins gelobte Land IMMER vorhanden - „nächstes Jahr in Jerusalem“.
Das ist doch wohl wahr! Ich habe mich immer gefragt, warum die Juden nicht schon früher zurück wollten. Aber es war ihnen über Jahrhunderte bis ins Osmanische Reich hinein verboten, dort zu siedeln, soweit ich gelesen habe (Quelle vergessen).
Vielleicht hab ich dich tatsächlich falsch verstanden, dann tut es mir leid.
Ja, ok.
Allerdings hört man das Argument ja öfters, wie fein es doch sei, dass man den Juden ihren eigenen Staat in Palästina gegeben habe und wie gerne sie doch dorthin ziehen.
Eigentlich ist mir das neu, häufig habe ich das noch nicht gehört. Aber ich gebe zu, dass ich mich mit der ganzen Geschichte da unten erst in den letzten Jahren intensiver beschäftige (und leider sehr vergesslich bin).
Grad so, als hätten sie damals eine Wahl gehabt.
Die Vorstellungen von Herzl bzgl. Afrika oder Südamerika sind dir sicher bekannt, scheiterten aber an der Wirklichkeit und den Vorstellungen der meisten Juden. Nebenbei: Angeblich hat Herzl Kaiser Wilhelm die Schirmherrschaft über den „Judenstaat“ angeboten.
Das muss man sich mal vorstellen. Da gibt es Menschen, die die Vernichtungslager mit knapper Not überlebt haben, und unzählige auf der Flucht verstreut in alle Welt in Länder, die sie nicht dauerhaft aufnehmen wollen, und alles was „die Welt“ diesen Menschen anbietet ist ein Streifen Sand in Nahen Osten mit dem Hinweis, die dort lebende Bevölkerung müssen man aber dann erst noch vertreiben wenn man dort leben möchte.
Das sehe ich etwas anders. Tel Aviv z.B. wurde vor fast genau 100 Jahren gegründet. Über die jüdische bevölkerungsentwicklung in Palästina lese nach bei Gudrun Krämer, da gab es vor dem Holocaust keineswegs nur eine kleine Zahl. Allerdings im Verhältnis zu den Arabern weniger - ca. 1/3 zu 2/3. Teilungspläne haben schon seit 100 Jahren bestanden - Balfour, Peel. Aber das ist dir natürlich bekannt.
Du sagst, es wäre für dich kaum vorstellbar, dass die Juden Tirol dem Nahen Osten vorgezogen hätten. Ich sage: Man hätte ihnen wenigstens die Wahl lassen sollen.
Da kann man nur spekulieren, warum man das nicht tat. Du magst recht haben, dass man sie los werden wollte. Andererseits waren die meisten (!) integraler Bestandteil der europäischen Bevölkerung, haben gewaltige, ja: wohl überproportionale Beiträge zu Wissenschaft, Kultur, Politik usw. gebracht, womit es völlig unverständlich ist, dass man diese Leute fortjagt (siehe auch meine Antwort an Jörg am 12.5.2009 19:18). Neidfunktion? Nichtakzeptanz des (etwas) Anderen? Für mich liegt das klar an den (*Ironie ein) „Nächstenliebenden“. Aber das ist dir ja alles nicht neu.
„Die Wahl lassen sollen?“ Viele Juden wären lieber nach Amerika ausgewandert. Dagegen haben sich aber sogar die amerikanischen Juden ausgesprochen (Noam Chomsky, „Offene Wunde Nahost“).
Gruss
Laika