'das' und 'dass'

Hallo!

Ich weiß nicht, ob das nur mir so geht: Immer häufiger lese ich - vor allem auch hier im Forum - dass jemand „das“ statt „dass“ schreibt. Beim ersten Mal hält man es noch Wohlwollend für einen Tipp- oder Flüchtigkeitsfehler (davor bin auch ich nicht gefeit), aber meistens stellt sich heraus, dass der Autor konsequenzt nur „das“ schreibt.

Dabei ist die Regel erstens nicht schwierig und zweitens hat sie sich bei der Rechtschreibreform nicht geändert, nur die Schreibweise: „das“ bleibt „das“ und „daß“ wird zu „dass“.

Mich würde mal interessieren, ob es Untersuchungen zur Häufigkeit dieses Fehlers gibt. Stimmt mein subjektiver Eindruck, dass dieser Fehler in den letzten Jahren rapide zugenommen hat? Korreliert er mit dem Lebensalter (je jünger desto das) und dem Bildungsniveau (je gebildeter desto dass)? Gibt es Erkenntnisse über die Ursache des Fehlers: Gleichgültigkeit, Schlampigkeit, mangelnde Sprachkompetenz, Unkenntnis der Regel, …

(Nur zur Klarstellung: Mir geht es nicht um diejenigen, die - aus welchen Gründen auch immer - die alte Schreibweise „dass“ korrekt anwenden).

Michael

Hallo,

Mich würde mal interessieren, ob es Untersuchungen zur
Häufigkeit dieses Fehlers gibt. Stimmt mein subjektiver
Eindruck, dass dieser Fehler in den letzten Jahren rapide
zugenommen hat?

Schwer zu beurteilen, ich finde, dass es im Verhältnis zu anderen Schlampigkeiten nicht mehr zugenommen hat. Was m.M. nach hauptsächlich damit zu tun hat, dass man viel mehr von Menschen liest, die sozusagen „privat“ für die Öffentlichkeit schreiben (früher hat man nur die Erzeugnisse von beruflichen Schreibern gelesen und Privatbriefe).
Aber welcher unserer Eindrücke ist repräsentativ?
Untersuchungen dazu kenne ich keine.

Korreliert er mit dem Lebensalter (je jünger
desto das)

Ich glaube eher: je jünger, desto unbeeindruckter durch Rechtschreibregeln. Es ist den jüngeren einfach nicht mehr so wichtig.

und dem Bildungsniveau (je gebildeter desto dass)?

Tendentiell eventuell, das hat dann aber mit Können/Wissen nicht mit Lockerheit zu tun.

(Nur zur Klarstellung: Mir geht es nicht um diejenigen, die -
aus welchen Gründen auch immer - die alte Schreibweise „dass“
korrekt anwenden).

Du meinst sicher "die alte Schreibweise ‚daß‘, oder?

Gruß
Elke

Hallo,
So eine Untersuchung würde mich auch sehr interessieren! Und sie wäre auch relativ leicht durchführbar, denk ich mir.

Was wohl der Hauptauslöser für die Verwechslung sein dürfte, ist erst einmal die Aussprache, die im Hochdeutschen und den meisten Dialekten identisch ist. Wir neigen dazu, beim Schreiben eher auf die Aussprache zurückzugreifen als auf grammatikalische Regeln oder Wortarten.
Deswegen verwechseln einige auch „seit“ und „seid“. Eben weil sie gleich gesprochen werden.

Gruß,

  • André

Nach eigener Erfahrung hat das schon was mit der Schuldbildung zu tun. Wer eine umfassendere hat, kann meistens besser rechtschreiben. Aber nicht immer. Sprachgefühl ist IMHO auch angeboren, so wie ich nunmal nicht singen kann und es auch nach angestrengtem Üben nicht können würde.

Außerdem bin ich grundsätzlich der Meinung, daß das Sprachkönnen immer schlechter wird. Ansonsten wäre so etwas Unsägliches wie eine Rechtschreibreform ja gar nicht nötig gewesen.

Wenn man so Dinge liest wie „wegen starkem Schneefall auf allen Linien Verspätungen“, dann ist sonnenklar, worin der Trend sich bewegt. Irgendwann wird eben die s-Regel eben komplett fallen, weil sie keiner mehr kann und es jedem egal ist.

Ein Grund dafür ist sicher, daß viele Schulkinder gar nicht mehr richtig mit Deutsch aufwachsen.

Dazu kommt, daß durch Internet und Microsoft jeder Idiot Texte veröffentlichen kann. Daher rühren auch so schlimme Dinge wie Apostrophiti’s und das Deppen Leerzeichen. Früher konnten nur ausgebildete Leute Text produzieren. Deswegen las man nur Texte von Profis. Je öfter man etwas falsch liest, desto mehr prägt sich der Fehler ein.

Erschwerend dazu kommt, daß die Deutschsprecher immer Dialektsprecher sind. Die richtige Schreibung läßt sich nicht aus der Aussprache ableiten, sondern man muß sie lernen.

Schlimmes wird auch vom Fernsehen und der Sychronitis- und Denglischbranche verbrochen. Da Dinge wie „das macht Sinn“ als modern gelten, hat die Werbung oft keine andere Wahl als auf den Zug aufzuspringen. So verfestigen sich Fehler. Es ist vielen einfach egal, wie geschrieben wird.

Grüße Bellawa.

Hallo!

Deine Antwort ist etwas allgemeiner als meine Frage. Ich möchte trotzdem mal darauf eingehen, auch wenn es leicht ins Offtopic abdriftet, aber ich finde es interssant.

Ich würde es nicht so eindimensional sehen wie Du. Sprache entwickelt sich auch - und nicht jede Veränderung der Sprache muss von vorneherein ein Fehler sein. Du hast das Beispiel „Etwas macht Sinn.“ angeführt, das zugegebenermaßen nicht originär Deutsch ist, sondern einfach die wörtliche Übersetzung von „Something makes sense.“ Im Deutschen („Etwas hat einen Sinn.“ / „Etwas ist sinnvoll.“) verwendet man Formulierung, die einen Besitz oder eine Eigenschaft andeutet, im Englischen ist es eine Tätigkeit. Ich finde, dass es in diesem Zusammenhang durchaus Sinn macht, die Englische Formulierung zu übernehmen, weil sie den Sachverhalt manchmal vielleicht besser trifft. Dinge sind ja dann besonders einprägsam, wenn sie sich im Gehirn sinnvoll mit anderen Gedanken vernetzen lassen. Offensichtlich hat das „Sinn machen“ diesen Vorzug - und ich finde wir sollten ihm in unserer Sprache eine Aufenthaltsgenehmigung erteilen.

Das ist aber nur ein Gegenbeispiel. In vielen anderen Fällen würde ich Dir zustimmen. Mich ärgert z. B. „in 2010“ statt „im Jahr 2010“.

Die Veränderung der Grammatik, die Du anführst („wegen dem“ statt „wegen des“) ist auch so eine Sache: Ich glaube nicht, dass hier generell der Verlust der Muttersprache zu beobachten ist, sondern dass die Sprache einfach über die Jahrhunderte hinweg rundgeschliffen wird wie ein Kiesel im Bach. Da bleibt mit der Zeit einiges auf der Strecke. Die starken Verben werden irgendwann auch fast völlig verschwunden sein. Das ist der Lauf der Zeit.

Schließlich zum Dialekt. Ich selbst bin Dialektsprecher. In Süddeutschland ist der Dialekt ja noch weiter verbreitet als im Norden. Ich bin mir sicher, dass die Rechtschreibschwierigkeiten in den allermeisten Fällen überhaupt nichts mit dem Gebrauch von Dialekt zu tun hat. Fast alle Dialektsprecher wissen genauso gut was Hochdeutsch ist wie Hochdeutschsprecher. Und zur Aussprache: Oft ist ein Dialekt näher an der Schriftsprache als das, was für gesprochenes Hochdeutsch gehalten wird.

Viele - vor allem in Norddeutschland - sagen, dass jemand „schwäbelt“, wenn er zwischen „d“ und „t“ am Silbenende unterscheidet (Im Hochdeutschen scheint es nur „t“ zu geben), wenn er die Endung „-ig“ als „-ig“ ausspricht und nicht als „-ich“, wenn er den Buchstaben „r“ ausspricht (Im Hochdeutschen scheint man ihn meist wegszulassen: „Faht“ statt Fahrt, „Mutta“ statt Mutter, …), wenn er „Pf…“ am Silbenanfang so deutlich ausspricht, dass sein Gegenüber nass wird (Im Hochdeutschen scheint „Feife“ durchaus korrekt zu sein)… Kurz, wenn er „Pferd“ statt „Feat“ sagt.

Was ich damit sagen will: Dialekt ist kein Sprachfehler.

Michael

2 Like

Wandel oder Fehler? (Wird OT)
Auch hallo!

Deine Antwort ist etwas allgemeiner als meine Frage. Ich
möchte trotzdem mal darauf eingehen, auch wenn es leicht ins
Offtopic abdriftet, aber ich finde es interssant.

Ja, ich hoffe das ist ok so.

sondern einfach die wörtliche
Übersetzung von „Something makes sense.“

Es gibt keine wörtlichen Übersetzungen, sondern nur gute und schlechte, und diese ist schlecht, und noch dazu falsch.

im Englischen ist es eine Tätigkeit. Ich finde, dass es in
diesem Zusammenhang durchaus Sinn macht, die Englische
Formulierung zu übernehmen

Ja, das Englische hat einige Vorzüge. Wer es gerne mag, kann es gerne sprechen (meistens ist bei den Sinn-Machern dann Sendepause.)

und ich finde wir sollten ihm in
unserer Sprache eine Aufenthaltsgenehmigung erteilen.

Also, nö. Wer so spricht, ist für mich ein Blender und Dampfplauderer, nicht ernst zu nehmen. Und wenn noch „einen guten Job machen“ draufgesetzt wird, dann ist es ein Idiot, der so tut, als würde er Englisch sprechen (es aber meistens nicht kann). Das ist leider weit verbreitet bis hinauf in die Managerposten und Politiker.

Das ist aber nur ein Gegenbeispiel. In vielen anderen Fällen
würde ich Dir zustimmen. Mich ärgert z. B. „in 2010“ statt „im
Jahr 2010“.

Oder in Iran, etwas realisieren usw.

DDie starken Verben
werden irgendwann auch fast völlig verschwunden sein. Das ist
der Lauf der Zeit.

Das ist richtig. Trotzdem denke ich, daß die schreibende Zunft eine gewisse Verantwortung hat. Und der wird oft nicht nachgekommen.

Was ich damit sagen will: Dialekt ist kein Sprachfehler.

Natürlich nicht. Diglossie ist normal bei Deutschsprechern. Und die geschriebene Schriftsprache lernt man nun einmal in der Schule. Da dürfte es hapern.

Grüße Bellawa.

Hallo!

das zugegebenermaßen nicht
originär Deutsch ist, sondern einfach die wörtliche
Übersetzung von „Something makes sense.“

“Ein Übersetzer muß sehen, was einen Sinn macht.”
Lessing: Briefe, die neueste Literatur betreffend (10. Januar 1760)

“Nun ist es wahr, daß dieses eigentlich keinen falschen Sinn macht; aber
es erschöpft doch auch den Sinn des Aristoteles hier nicht.”
Lessing: Hamburgische Dramaturgie (notiert am 8. März 1768)

Ein sehr lesenswerten Text dazu (in fünf Teilen):

http://www.iaas.uni-bremen.de/sprachblog/2007/10/01/…

Vor allem, weil „Sinn machen“ und „Sinn ergeben“ für ganz viele Sprecher eben KEINE Synonyme sind:

„Diese AUSSSAGE ergibt keinen Sinn“
„Diese HANDLUNG macht keinen Sinn.“

Allerdings nicht für Lessing; der hat es auch auf Aussagen bezogen verwendet. :smile: Für mich persönlich sind es keine Synonyme und waren es auch nie. Und ich verwende diese Phrase schon länger als sie angeblich aus dem englischen übernommen wurde. :smile:

Gruß,
Max

3 Like

Hallo!

Da Dinge wie „das macht Sinn“ als
modern gelten

Woran aber auch Sprachkritiker wie Sick schuld sind, die permanent behaupten, es handle sich um eine moderne Übernahme. Belege in der deutschen Schrift- und Hochsprache finden sich aber auch z.B. 1966, 1917, ja bis zurück zu Lessing.

Gruß,
Max

1 Like

Das musste mal raus, nicht? Ich erlaube mir einige Anmerkungen dazu:

Sprachgefühl ist IMHO auch angeboren […]
Die richtige Schreibung läßt sich nicht aus der Aussprache
ableiten, sondern man muß sie lernen.

Was nun: Gefühl oder Lernen? Man bedenke, dass Orthografie nicht mit Sprache gleichzusetzen ist. Rechtschreibung ist ein oft wenig organisches Gebilde, das bei der Verschriftlichung mancher Sprachen eine Rolle spielt. Dieses System zu beherrschen, erfordert Regelkenntnis, die man erwirbt, wenn man dafür Zeit und Mühe aufbringt – nicht durch Gefühl. Es ist nicht zu spüren, warum die See ›Meer‹, das Gegenteil von weniger hingegen ›mehr‹ geschrieben wird; dafür gibt es historische Gründe, die zu kennen jedoch nicht weniger, sondern meer mehr Studium erforderte als das Auswendiglernen der Zuordnung von Form und Inhalt.

Ganz am Rande: Weshalb eigentlich ist es schlecht und falsch, wenn eine alte deutsche Formulierung (/t/uebersetzungen-allgemeines/3370629/12

Ansonsten wäre so etwas Unsägliches wie eine Rechtschreibreform ja gar nicht nötig gewesen.

Dir scheint der Grund zu entgehen, aus dem sich die Schreibweise, die deine Ahnen im 19. Jahrhundert gelernt haben, und die, die dir in der Schule beigebracht wurde, wesentlich unterscheiden: Rechtschreibreformen. Von besonderer Bedeutung ist in dieser Hinsicht die Orthografische Konferenz von 1901, in der (nicht mehr und nicht minder ex cathedra als 1996 ff.) festgelegt wurde, dass hinfort an Schulen aller deutschen Staaten – klassisches Beispiel – ›Tür‹ statt ›Thür‹ und ›Kenntnis‹ statt ›Kenntniß‹ als korrekte Schreibungen gelehrt werden sollen. Ziel dieser wie späterer Rechtschreibreformen war es, die Zahl von Wörtern mit konkurrierenden Schreibungen zu verringern und Inkonsistenzen zu beseitigen. Zumindest Letzteres ist der jüngsten Orthografiereform in einem Punkt gut gelungen: Wann ›ss‹ und wann ›ß‹ zu schreiben ist, kann man heute leichter denn je verstehen. Ich sehe das als Fortschritt.

Irgendwann wird eben die s-Regel eben komplett fallen, weil sie
keiner mehr kann und es jedem egal ist.

Mit Prognosen wäre ich im linguistischen Bereich vorsichtig. Selbst wenn wir annehmen, dass der Genitiv – oder, wie noch Karl Kraus schrieb, ohne dafür ausgelacht zu werden, der Genetiv – in immer weniger Kontexten als obligatorisch empfunden wird, ist das eine wenig spektakuläre Entwicklung. Erstens sind Dativ und Genitiv in vielen Kontexten nicht auseinanderzuhalten (›Wegen Lawine(n) gesperrt‹ – welcher Kasus ist das?); das begünstigt Vermischung und Verwechslung. Zweitens ist der Bedeutungsbeitrag von Kasus häufig eher mager: Welcher Inhalt, außer einer subjektiven, stilistischen Nuance, geht also verloren, wenn der Dativ den Akkusativ oder den Genitiv ersetzt? Drittens ist der Kasusgebrauch bei Adpositionen nicht erst in jüngster Zeit schwankend: Wieland und Kant schreiben ›dem ungeachtet‹, wo heute der Genitiv, also ›dessen ungeachtet‹, gängig ist. Eine Zeile aus einem Gedicht von Annette von Droste-Hülshoff lautet: ›Entlang den Teich, hinauf, hinab‹, wo man inzwischen eher ›entlang dem Teich‹ schriebe. Konnten Wieland, Kant und die Droste also kein vernünftiges Deutsch? Es ist wohl eher von Sprachwandel auszugehen, denke ich, selbst wenn die Gründe für diese oder jene Entwicklung teilweise schwer erkennbar sind. Und es ist wenig überraschend, dass durch Sprachwandel außer Gebrauch gekommene Formen vielen als charmante Archaismen erscheinen, während vergleichbare sprachliche Innovationen auf dieselben Personen plump, ungebildet, falsch wirken. Dieses Gefühl sollte man jedoch inhaltlich nicht überbewerten.

Dazu kommt, daß durch Internet und Microsoft jeder Idiot Texte veröffentlichen kann.

Du meinst: Leute wie du und ich? Die Beschreibung ist, abgesehen von der Injurie, einigermaßen korrekt. Nutznießer dieser Entwicklung sind nämlich nicht nur die ›Idioten‹, sondern auch gute, professionelle Schreiber, deren Möglichkeiten, ihre Texte zu verbreiten, sich verändert und vergrößert haben. Zudem wäre es – wie ich schon einmal (/t/raettet-daem-doitsch/3723290/3

Gruß
Christopher

8 Like

Was nun: Gefühl oder Lernen?

Erlernt wird durch Nachahmung, auch ohne die Regeln zu kennen. Je mehr Falsches man liest, desto falscher wird die Sprache insgesamt. Ob etwas richtig oder falsch ist, das wird aber eher erfühlt als gewußt. Den einen stören Fehler nicht, der sieht sie nicht einmal, dem anderen fallen sie ins Auge. So wie manche nicht einmal hören, wenn jemand falsch singt.

Es ist
nicht zu spüren, warum die See ›Meer‹, das Gegenteil von
weniger hingegen ›mehr‹ geschrieben wird;

Doch, durch fotografische Einprägung. Lesen ist kein Regelbefolgen sondern Mustererkennung. Da wo das nasse Element gemeint ist, stehen zwei e. Und bei manchen Wörtern gibt es überhaupt keinen Unterschied, z. B. auf der Hut sein, wenn im Hut ein Loch ist. Trotzdem verstehen wir, was gemeint ist.

wenn es gleichzeitig offensichtlich akzeptabel für
dich ist, eine englische Abkürzung wie ›IMHO‹ – leicht
ersetzbar durch etwa ›mMn‹, wo überhaupt nötig – in einem
deutschen Text zu verwenden?

Wir sind hier in einem Internetforum, und diesem Medium sind derartige Abkürzungen üblich. Natürlich würde ich kein IMHO in einen Artikel schreiben, der veröffentlicht wird!

Dir scheint der Grund zu entgehen, aus dem sich die
Schreibweise, die deine Ahnen im 19. Jahrhundert gelernt
haben, und die, die dir in der Schule beigebracht wurde,
wesentlich unterscheiden: Rechtschreibreformen.

Möglich. Ich jedenfalls verwende das Deutsch, das ich kenne, zumindest privat, denn da kann mir niemand vorschreiben wie ich zu schreiben habe. Es ist eine Zumutung, daß wir noch einmal alle Regeln lernen müssen, wo wir das schon einmal getan haben, nur weil die Schüler von heute anscheinend zu dumm für die s-Regel sind. Gottseidank gibt es die Rechtschreibprüfung. LOL (Internetabkürzung für Lachen).

Erstens sind Dativ und Genitiv in vielen Kontexten nicht
auseinanderzuhalten (›Wegen Lawine(n) gesperrt‹ – welcher
Kasus ist das?); das begünstigt Vermischung und Verwechslung.

Genitiv ist das. Wer es nicht weißt, schlägt nach.

Man würde sich denken, daß jemand, der die Beschilderung von öffentlichen Verkehrsmitteln macht, Deutsch kann. Offenbar ist das nicht mehr Voraussetzung, und so kommen die Züge wegen starkem Schneefall eben zu spät …

Dazu kommt, daß durch Internet und Microsoft jeder Idiot Texte veröffentlichen kann.

Du meinst: Leute wie du und ich?

Öhm nein. :smiley: Vorsicht Smiley.

Das Internet hat wesentlich mehr Menschen dazu
gebracht als daran gehindert, kluge Gedanken zu
veröffentlichen.

Es geht hier um die Form, und die leidet. Vom Inhalt war nie die Rede. Man kann kluge Gedanken auch völlig falsch schreiben.

Grüße Bellawa.

Hallo Bellawa,
Darauf möchte ich auch kurz eingehen, obwohl viele das hier schon taten.

Nach eigener Erfahrung hat das schon was mit der Schuldbildung
zu tun. Wer eine umfassendere hat, kann meistens besser
rechtschreiben. Aber nicht immer. Sprachgefühl ist IMHO auch
angeboren, so wie ich nunmal nicht singen kann und es auch
nach angestrengtem Üben nicht können würde.

Sicherlich, wer wenig Bildung genossen hat (und die evtl. noch nicht einmal genossen hat), ist meist schlechter in Rechtschreibung als Leute mit Abitur und vllt. sogar einer weiterführenden Bildung. Muss aber nicht so sein. Es sind eher Tendenzen als klare Anzeichen.
Zum Sprachgefühl: ob es so etwas wirklich gibt, ist ja strittig (war’s nicht Fritz hier im Brett, damals, der das vehement abstritt?), vielleicht gibt es nur das gute oder schlechte Beherrschen der Regeln. Ich möchte mich nicht auf eine Seite stellen, aber es ist schon klar, dass einige sowas im Schlaf beherrschen und andere das auch unter Anstrengungen nicht zufriedenstellend hinbekommen.

Außerdem bin ich grundsätzlich der Meinung, daß das
Sprachkönnen immer schlechter wird. Ansonsten wäre so etwas
Unsägliches wie eine Rechtschreibreform ja gar nicht nötig
gewesen.

Damit meinst du jetzt sicher nicht das angeborene Sprachgefühl, sondern die Beherrschung der Rechtschreibung? Das kann wirklich viele Faktoren haben. Oder meinst du das Beherrschen der deutschen Sprache auch im Gesprochenen? Da gehe ich nämlich nicht so recht mit. Man ist leicht geneigt, das Deutsch von früher als schöner und besser zu empfinden und neuere Tendenzen als Fehler zu empfinden. In 100 Jahren gilt das Deutsch von heute als toll und das Deutsch des Jahres 2110 als furchtbar. Das war auch 1910, 1810 und 1410 schon so. Hier ist also nicht wirklich ein objektiver, feststellbarer Abstieg der Sprachqualität festzustellen, sondern eine kontinuierliche Veränderung, wie sie in jeder lebenden Sprache vorkommt.
Und dass diese Veränderung schlecht sein soll, müsstest du erst einmal beweisen. Ich möchte die „schlimmen“ Anglizismen mal außer Acht lassen, aber was siehst du als Ziel dieser Veränderung? Wenn die Leute weiter so schlecht sprechen und das Sprachkönnen weiter so sinkt, wie es für dich erscheint, was glaubst du, wird uns in 200, 300 oder 400 Jahren erwarten? Was wird mit der deutschen Sprache passieren, wenn die Leute immer weniger auf den Dativ achten, auf die richtigen Konjugationsformen oder was du ihnen noch so unterstellst?

Wenn man so Dinge liest wie „wegen starkem Schneefall auf
allen Linien Verspätungen“, dann ist sonnenklar, worin der
Trend sich bewegt. Irgendwann wird eben die s-Regel eben
komplett fallen, weil sie keiner mehr kann und es jedem egal
ist.

Der Trend bewegt sich dahin, dass der Genitiv in vielen Konstruktionen durch den Dativ ersetzt wird. Und ja, vielleicht wird es ihn irgendwann nicht mehr geben, den Genitiv. Da wird dann auch „der Mutter ihr Auto“ zur Norm werden.
Und dann? Was für Auswirkungen wird das auf die Sprache haben? Und auf die Sprecher? Werden wir uns dann schlechter verständigen können, weil wir nur noch 3 statt 4 Kasus haben? Wie stellst du dir das vor?

Ein Grund dafür ist sicher, daß viele Schulkinder gar nicht
mehr richtig mit Deutsch aufwachsen.

Sondern? Mit Dialekt? Ist das etwa kein richtiges Deutsch?
Oder meinst du die Immigranten?

Dazu kommt, daß durch Internet und Microsoft jeder Idiot Texte
veröffentlichen kann. Daher rühren auch so schlimme Dinge wie
Apostrophiti’s und das Deppen Leerzeichen. Früher konnten nur
ausgebildete Leute Text produzieren. Deswegen las man nur
Texte von Profis. Je öfter man etwas falsch liest, desto mehr
prägt sich der Fehler ein.

Wenn ich mir öffentliche Texte (also Zeitung o.Ä., keine privaten Briefe) von vor 1900 angucke, wimmeln die ehrlich gesagt genauso von Fehlern wie die von heute. Wimmeln ist natürlich stark übertrieben. Aber Deppenapostrophe, Deppenlehrzeichen, Nichteinhaltungen der ss/ß-Regeln gab es früher auch. So sehr Profis waren die Leute damals also auch nicht. Und die Texte, die früher bereits von Profis geschrieben wurden, sind heute auch noch genauso fehlerarm wie damals. Es sind nur einige Medien mehr hinzugekommen… eben das Internet. Hätte früher jeder Idiot seine Meinung auf Zettel geschrieben an eine öffentliche Pinnwand im Rathaus geheftet, fändest du genau so viele Fehler, vllt. anderer Natur.
Es schreiben also nicht mehr Leute falsch, sondern du liest nur mehr Texte von Leuten, die nicht gut in Rechtschreibung sind. Das ist ein Unterschied. Und daraus zu schließen, dass die Deutschen immer schlechter schreiben könnten, wäre etwas voreilig.

Erschwerend dazu kommt, daß die Deutschsprecher immer
Dialektsprecher sind. Die richtige Schreibung läßt sich nicht
aus der Aussprache ableiten, sondern man muß sie lernen.

Es sind nicht alle Dialektsprecher. Aber es sprechen auch nicht alle (besser: fast keiner) nativ Hochdeutsch.

Schlimmes wird auch vom Fernsehen und der Sychronitis- und
Denglischbranche verbrochen. Da Dinge wie „das macht Sinn“ als
modern gelten, hat die Werbung oft keine andere Wahl als auf
den Zug aufzuspringen. So verfestigen sich Fehler. Es ist
vielen einfach egal, wie geschrieben wird.

Dass das ein weit verbreiteter Aberglaube ist, wurde ja schon weiter unten mehrmals gesagt. „Sinn machen“ ist kein Anglizismus, und selbst wenn’s einer wäre, so ist er ja nicht unsinnig. Bastian Sicks erklärung, Sinn könne man nicht kneten oder im Hau-Ruck-Verfahren herstellen, ist natürlich absoluter Humbug (denn dann müsste ja auch das Englische „make sense“ falsch sein).
Leider reden viele Leute Bastian Sick und anderen Sprachpuristen einfach nach dem Munde und hinterfragen nichts. Die Leute, die das dennoch tun werden meist einfach nicht beachtet oder gar als Neider beschimpft, wenn sie es dann zu veröffentlichen versuchen.

Grüße Bellawa.

Gruß,

  • André
3 Like

“Ein Übersetzer muß sehen, was einen Sinn macht.”
Lessing: Briefe, die neueste Literatur betreffend (10. Januar
1760)

“Nun ist es wahr, daß dieses eigentlich keinen falschen Sinn
macht; aber
es erschöpft doch auch den Sinn des Aristoteles hier nicht.”
Lessing: Hamburgische Dramaturgie (notiert am 8. März 1768)

Damit meint er, daß etwas keinen korrekten Inhalt ergibt.
„Das macht einen Sinn.“ Klingt schlimm, ist aber nicht dasselbe wie das von heute (würde ich meinen).

Die heutige Phrase ist „das macht Sinn“ und bedeutet eher, „das ist zweckmäßig“, „das ist stimmig“.

Und das ist 100% analog zum Englischen, also mit ziemlicher Sicherheit einer lippensynchronen täglichen Seife entsprungen.

Grüße Bellawa.

Es sind eher
Tendenzen als klare Anzeichen.

Och es gibt studierte Doktoren, die die S-Regel nicht können. Das sagt gar nix. Ich denke, das hängt eher an der ganz frühen Schulbildung, ob man das kann oder nicht. Und ob man als Kind viel gelesen hat oder nicht. So entsteht ein Gefühl dafür. (Ich kann es schwer beschreiben.)

Und dann? Was für Auswirkungen wird das auf die Sprache haben?
Und auf die Sprecher? Werden wir uns dann schlechter
verständigen können, weil wir nur noch 3 statt 4 Kasus haben?
Wie stellst du dir das vor?

Derzeit ist es ja noch falsch.

Ein Grund dafür ist sicher, daß viele Schulkinder gar nicht
mehr richtig mit Deutsch aufwachsen.

Sondern?

Wenn in einer Klasse 80% Türkisch sprechen, wie soll der Rest dann Deutsch lernen? Und das sind keine Erfindungen, solche Grundschulen gibt es. Nichts gegen Türkisch, das sieht mir nach einer komplizierten und schwierigen Sprache aus, aber so geht es nicht, da lernt niemand etwas.

Hätte früher jeder Idiot seine Meinung auf
Zettel geschrieben an eine öffentliche Pinnwand im Rathaus
geheftet, fändest du genau so viele Fehler, vllt. anderer
Natur.

Ja, nur gab es das nicht. Meiner Meinung nach spielen das Internet und Powerpoint die größte Rolle beim Untergang der deutschen Sprache. LOL.

Es schreiben also nicht mehr Leute falsch, sondern du liest
nur mehr Texte von Leuten, die nicht gut in Rechtschreibung
sind. Das ist ein Unterschied.

Ja, und dadurch wird man selbst unsicher. Je öfter man Falsches sieht, desto normaler wird es.

Es sind nicht alle Dialektsprecher. Aber es sprechen auch
nicht alle (besser: fast keiner) nativ Hochdeutsch.

Zweisprachigkeit ist die Norm.

Dass das ein weit verbreiteter Aberglaube ist, wurde ja schon
weiter unten mehrmals gesagt. „Sinn machen“ ist kein
Anglizismus, und selbst wenn’s einer wäre, so ist er ja nicht
unsinnig.

Das steht noch zur Debatte :smile:

Grüße Bellawa.

Was nun: Gefühl oder Lernen?

Erlernt wird durch Nachahmung, auch ohne die Regeln zu kennen.
Je mehr Falsches man liest, desto falscher wird die Sprache
insgesamt. Ob etwas richtig oder falsch ist, das wird aber
eher erfühlt als gewußt. Den einen stören Fehler nicht, der
sieht sie nicht einmal, dem anderen fallen sie ins Auge. So
wie manche nicht einmal hören, wenn jemand falsch singt.

Woran machst du „richtig“ und „falsch“ fest? Am Duden? Oder am Sprachgebrauch einer bestimmten Generation? Beides ändert sich, und muss sich auch ändern. Gemessen am Althochdeutschen ist praktisch unsere gesamte deutsche Sprache „falsch“, denn seitdem hat sich allesmögliche verändert.
Richtig und Falsch sind Konventionen, nicht unbedingt logisch ableitbare objektive Kriterien. Ob du eine Präposition mit dem Dativ oder dem Genitiv verwendest, ist nicht durch Logik bestimmbar. „Wegen des“ ist nicht logischer als „wegen dem“, es ist einfach älter. Das ist für viele kein Kriterium, warum man neue Formen nicht zulassen sollte, solange keine Verständigungsschwierigkeiten auftreten.
Allerdings gibt es bei natürlich auftretenden Veränderungen in Sprache solche Schwierigkeiten nicht, bzw. treten sie nur kurz auf und werden dann durch alternative Konstruktionen wieder ausgebügelt.

Deswegen wird Sprache, die sich verändert, auch nicht schlechter. Eher im Gegenteil, sie wird ökonomischer.

Es ist
nicht zu spüren, warum die See ›Meer‹, das Gegenteil von
weniger hingegen ›mehr‹ geschrieben wird;

Doch, durch fotografische Einprägung. Lesen ist kein
Regelbefolgen sondern Mustererkennung. Da wo das nasse Element
gemeint ist, stehen zwei e. Und bei manchen Wörtern gibt es
überhaupt keinen Unterschied, z. B. auf der Hut sein, wenn im
Hut ein Loch ist. Trotzdem verstehen wir, was gemeint ist.

Genau das war doch das Argument: Lernen und Üben bringt uns die Gewissheit der Schreibung. Für einige wenige auch die Etymologie. Aber weder vom Hören noch aus der Logik heraus lässt sich schließen, ob es „mehr“ oder „Meer“ heißen muss. Rechtschreibung ist eben teilweise arbiträr.

wenn es gleichzeitig offensichtlich akzeptabel für
dich ist, eine englische Abkürzung wie ›IMHO‹ – leicht
ersetzbar durch etwa ›mMn‹, wo überhaupt nötig – in einem
deutschen Text zu verwenden?

Wir sind hier in einem Internetforum, und diesem Medium sind
derartige Abkürzungen üblich. Natürlich würde ich kein IMHO in
einen Artikel schreiben, der veröffentlicht wird!

„So gedankenlos gehst du also mit der schönen deutschen Sprache um.“ könnte ein Purist hier wieder sagen. Konsequent bist du hier in der Tat nicht.
Im Internet sind solche Abkürzungen in der Tat üblich, ich verwende sie auch manchmal. In der Umgangssprache und in den meisten Dialekten ist’s nun mal üblich (bzw. z.T. in der Grammatik verankert), „wegen“ mit dem Dativ zu bilden, oder Possessivkonstruktionen in der Form „der Mutter ihr Auto“ zu bilden.

Dir scheint der Grund zu entgehen, aus dem sich die
Schreibweise, die deine Ahnen im 19. Jahrhundert gelernt
haben, und die, die dir in der Schule beigebracht wurde,
wesentlich unterscheiden: Rechtschreibreformen.

Möglich. Ich jedenfalls verwende das Deutsch, das ich kenne,
zumindest privat, denn da kann mir niemand vorschreiben wie
ich zu schreiben habe. Es ist eine Zumutung, daß wir noch
einmal alle Regeln lernen müssen, wo wir das schon einmal
getan haben, nur weil die Schüler von heute anscheinend zu
dumm für die s-Regel sind. Gottseidank gibt es die
Rechtschreibprüfung. LOL (Internetabkürzung für Lachen).

Die Alternative siehst du ja in Sprachen wie Englisch, Französisch, Dänisch, Irisch oder Tibetisch, deren Schreibweisen sich extrem von der Aussprache unterscheiden. Deswegen sind in den USA „Spelling Contests“ (Buchstabierwettbewerbe) so verbreitet, während es sowas in Finnland oder Spanien wohl kaum geben dürfte. Deutsch hat für sowas auch noch eine zu phonemische Rechtschreibung.
Wenn also die Schreibung stagniert und sich nicht ändern darf, wird’s irgendwann nicht mehr möglich sein, von der Schreibweise auf die Aussprache zu schließen, sofern man das Wort nicht bereits kennt.

Erstens sind Dativ und Genitiv in vielen Kontexten nicht
auseinanderzuhalten (›Wegen Lawine(n) gesperrt‹ – welcher
Kasus ist das?); das begünstigt Vermischung und Verwechslung.

Genitiv ist das. Wer es nicht weißt, schlägt nach.

Es ging um die Form. Dativ und Genitiv sind in vielen Fällen formengleich geworden. Das war nicht immer so. Irgendwann werden sie zusammengefallen sein, und dann? Was passiert dann schlimmes.
Richtig, das bedeutet den Untergang des Abendlandes.

Man würde sich denken, daß jemand, der die Beschilderung von
öffentlichen Verkehrsmitteln macht, Deutsch kann. Offenbar ist
das nicht mehr Voraussetzung, und so kommen die Züge wegen
starkem Schneefall eben zu spät …

Würde es dir gefallen, wenn die Beschriftung auf Althochdeutsch wäre? Wäre deine Argumentation konsequent, müsstest du eigentlich darauf pochen, schließlich ist jenes Deutsch noch weit älter als das von dir präferierte (heutzutage ist der Dativ nach „wegen“ nämlich üblich und koexistiert mit dem Genitiv).

Bitte entschuldige meine Angewohnheit, bei jedem Kommentar über Sprache und Purismus meinen Senf dazugeben zu wollen, auch wenn deine Antwort jemand anderem galt. :confused:

Gruß,

  • André
2 Like

Eine Konstruktion ist zufällig 1:1 identisch mit der englischen Konstruktion, also muss es ein Anglizismus sein, ja?

Dann ist „Der Mann isst einen Apfel.“ auch eine, denn im Englischen heißt es ja „The man eats an apple.“

Spaß beiseite. Deine Begründung macht für mich keinen wirklichen Sinn(sic!), denn du müsstest irgendwie nachweisen, dass es die Konstruktion in dieser Bedeutung vor der Einführung von Filmsynchronisationen aus dem Englischen nicht gab.
Bisher kenne ich dazu keine Statistik, es gibt nur etliche Zitate mit „(k)einen Sinn machen“ von Luther bis heute.

Eine Bedeutungsverschiebung von „einen Sinn machen“ i.S.v. ‚eine gewisse Bedeutung haben‘ zu ‚von wesentlicher Bedeutung sein‘ bzw. ‚praktisch sein‘ ist ein relativ kleiner Schritt, den die deutsche Sprache auch ohne die Hilfe des Englischen kann.

Ich bin jedenfalls nicht überzeugt von der fixen Idee, „Sinn machen“ müsse irgendwie Englisch sein, einfach weil’s dort zufälligerweise genauso heißt, weil man das so im Gefühl hat. Korpusstudien zeigen ja wie gesagt was anderes…

Gruß,

  • André
3 Like

Und nicht nur das!!! Dass das, dass das „Dass“ mit ss das „Dass“ mit ß ist, das ist doch klar. Alles klar???

Nee, aber ehrlich; jemand hatte die Medien angesprochen. Leider krempeln sich auch mir zunehmend die Ohren oder Augen um, wenn ich solche Sätze höre oder lese: „Im Jahr 1492 segelt Kolumbus auf der Suche nach dem Seeweg nach Indien den amerikanischen Kontinent an.“ (Nur ´n Beispiel!)
Also meiner Meinung nach liegt das Jahr 1492 deutlich in der Vergangenheit - oder irre ich mich da? Da kann man wohl kaum noch von „segelt“ reden; quasi in der Gegenwart, als ob´s jetzt eben gerade passiert. Und so etwas präsentieren die in aller Öffentlichkeit. Manche Macher vergessen offensichtlich, dass sie auch eine Vorbildfunktion haben - zumindest was den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die seriösen zeitungen anbelangt - die anderen kann man getrost „in die Tonne hauen“.
Wie wär´s mal mit ´nem Deutsch-Kurs, liebe Fernseh- und Zeitungsmacher?

Äh - jetzt hab ich mich doch glatt selbst verschrieben: „Zeitung“, nicht „zeitung“.

Es sind eher
Tendenzen als klare Anzeichen.

Och es gibt studierte Doktoren, die die S-Regel nicht können.
Das sagt gar nix. Ich denke, das hängt eher an der ganz frühen
Schulbildung, ob man das kann oder nicht. Und ob man als Kind
viel gelesen hat oder nicht. So entsteht ein Gefühl dafür.
(Ich kann es schwer beschreiben.)

Ja, das begünstigt die Tendenzen. All-Aussagen kann man da nicht treffen. Ich kenne auch Leute, die extrem viel lesen, sich sehr gewählt ausdrücken können, Sprachwissenschaften studieren und in der Schule sehr gut waren, die aber trotzdem eine miserable Rechtschreibung haben.
Das hängt also nicht zwangsläufig zusammen. Manche Leute sind in sowas einfach schlechter als andere.

Und dann? Was für Auswirkungen wird das auf die Sprache haben?
Und auf die Sprecher? Werden wir uns dann schlechter
verständigen können, weil wir nur noch 3 statt 4 Kasus haben?
Wie stellst du dir das vor?

Derzeit ist es ja noch falsch.

Joa, bald aber vllt. nicht mehr. Ersetze am besten „falsch“ einfach durch „nicht vom Duden anerkannt“, denn was richtig und falsch ist, entscheidet nicht die Logik, sondern der Dudenverlag. Und man muss sich ja meist auch nicht daran halten.

Ein Grund dafür ist sicher, daß viele Schulkinder gar nicht
mehr richtig mit Deutsch aufwachsen.

Sondern?

Wenn in einer Klasse 80% Türkisch sprechen, wie soll der Rest
dann Deutsch lernen? Und das sind keine Erfindungen, solche
Grundschulen gibt es. Nichts gegen Türkisch, das sieht mir
nach einer komplizierten und schwierigen Sprache aus, aber so
geht es nicht, da lernt niemand etwas.

Türkisch ist sehr logisch und regelmäßig, aber auch wieder sehr anders aufgebaut als Deutsch.
Ich weiß, dass es solche Schulen gibt… bin allerdings im Osten Deutschlands aufgewachsen; in meiner Klasse hatten wir damals genau einen Nichtmuttersprachler (einen Russen), der konnte aber fast perfekt Deutsch.

Hätte früher jeder Idiot seine Meinung auf
Zettel geschrieben an eine öffentliche Pinnwand im Rathaus
geheftet, fändest du genau so viele Fehler, vllt. anderer
Natur.

Ja, nur gab es das nicht. Meiner Meinung nach spielen das
Internet und Powerpoint die größte Rolle beim Untergang der
deutschen Sprache. LOL.

Das ist in der Tat lustig. :smile:
Vor allem der „Untergang“ der deutschen Sprache… ich möchte noch einmal fragen, wie du dir den vorstellst. Lass mal deiner Fantasie freien Lauf. Was passiert dann mit dem Deutschen und seinen Sprechern?

Viel ließe sich da über Anglizismen schreiben, aber gerade die möchte ich lieber mal außen vorlassen. Viele Sprachen auf der Welt sind durch das Englische ausgerottet wurden, das lief aber ganz anders ab. Ob die Anglizismen unserer Sprache schaden, ist schwer absehbar. Französismen, Latinismen und Co. haben’s bisher nicht getan, wer weiß, vllt. schaffen’s ja die englischen Wörter.

Ich dachte eher an die Veränderungen in der deutschen Sprache, die scheinbar durch Schludrigkeit und Faulheit oder mangelnde Schulbildung entstehen. Fälle verschwinden, Imperative werden nicht mehr richtig gebildet und solche Sachen…
…wenn das so weitergeht, was wird passieren? Im Ernst.

Es schreiben also nicht mehr Leute falsch, sondern du liest
nur mehr Texte von Leuten, die nicht gut in Rechtschreibung
sind. Das ist ein Unterschied.

Ja, und dadurch wird man selbst unsicher. Je öfter man
Falsches sieht, desto normaler wird es.

Ja, wenn man das auf Rechtschreibung bezieht, muss ich dir zustimmen. Mir geht’s nicht so, aber wer von vornherein nicht so firm in Orthographie ist, wird von sowas sicherlich stärker beeinflusst.

Auf die gesprochene Sprache würde ich das nicht unbedingt beziehen. Denn wenn alle Sprecher eine vormals falsche Konstruktion verwenden, gibt es keinen Grund mehr, sie noch als falsch anzusehen.

Gruß,

  • André
4 Like

Hi,

Nee, aber ehrlich; jemand hatte die Medien angesprochen.
Leider krempeln sich auch mir zunehmend die Ohren oder Augen
um, wenn ich solche Sätze höre oder lese: „Im Jahr 1492 segelt
Kolumbus auf der Suche nach dem Seeweg nach Indien den
amerikanischen Kontinent an.“ (Nur ´n Beispiel!)
Also meiner Meinung nach liegt das Jahr 1492 deutlich in der
Vergangenheit - oder irre ich mich da? Da kann man wohl kaum
noch von „segelt“ reden; quasi in der Gegenwart, als ob´s
jetzt eben gerade passiert.

Du irrst dich in der Tat. Zwar liegt 1492 lange zurück, doch werden die deutschen Zeitformen nicht immer so verwendet, wie es die Bezeichnung vorzusehen scheint. Es ist absolut legitim, das Präsens für zukünftige Ereignisse zu verwenden („Ich gehe morgen ins Kino.“), das ist weder Umgangssprache noch falsch. Als Linguist spricht man daher eher vom non-past als vom present. Genauso kann sich eine Präteritumsform auf die Gegenwart beziehen („Wie war noch gleich ihr Name?“), ohne dass das ein Fehler wäre. Man könnte hier von einer übertragenen Bedeutung sprechen.
Und bei Erzählungen kann man auch die Perspektive verschieben, so sind viele Romane, auch historische, im Präsens geschrieben, man kann vom gestrigen Tag genauso im Präsens erzählen („Ich bin oben in meinem Zimmer und lese ein Buch, auf einmal kommt ein Mann rein…“).

Eventuell könnte man das als stilistisches Mittel bezeichnen, da es einen leicht anderen Eindruck macht.

Und so etwas präsentieren die in
aller Öffentlichkeit. Manche Macher vergessen offensichtlich,
dass sie auch eine Vorbildfunktion haben - zumindest was den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die seriösen zeitungen
anbelangt - die anderen kann man getrost „in die Tonne hauen“.
Wie wär´s mal mit ´nem Deutsch-Kurs, liebe Fernseh- und
Zeitungsmacher?

Wie wäre es mit ein bisschen weniger Sprachdünkel und ein bisschen mehr Reflexion über das System der deutschen Sprache? Statt zu murren, solltest du dir vllt. genau überlegen, ob in der Sprache alles automatisch falsch sein muss, was nicht auf den ersten Blick logisch erscheint. Sprache ist nämlich nicht vollkommen logisch.

Gruß,

  • André
6 Like

…wenn das so weitergeht, was wird passieren? Im Ernst.

Eine, wenn nicht unbedingt ernste, dann aber umso ehrlichere Antwort:

Es gibt wieder eine Reform der Reform, und „einen Job machen“ steht im Duden, und man kann Beistriche setzen wie man will, und die ganze Arbeit, die wir als Schüler hatten, war umsonst, wenn plötzlich alles falsch ist, was wir schreiben. Ich habe in der Schule nie Rechtschreibfehler gemacht, und jetzt brauche ich eine Rechtschreibprüfung auf dem PC und fühle mich dumm und unwissend. Und das trotz nur Einser in Deutsch. Es ist ärgerlich, frustrierend und einfach überflüssig. Denn es geht nicht nur mir so.

Grüße Bellawa.