Hallo Mike,
Hallo Steffi
Gott habe Sich den Menschen geoffenbart, indem Er ihnen immer
näher gekommen sei, bzw. indem der Mächtige immer näher zu den
Ohnmächtigen herabstieg und dann noch ohnmächtiger wurde als
sie selbst.
Jetzt verstanden, danke.
-)
weil es dem Volk z.B. im Religionsunterricht,
Konfirmandenunterricht u.a. nicht vermittelt wird.
Nun, es gibt viele Arten von Katechese/Unterweisung/Unterricht. In den Predigten sind Hinweise auf geschichtliche Fakten im Verhältnis zu Glaubensrelevantem durchaus gängig.
Aber die historischen geschichtlichen Tatsachen werden nicht
vermittelt.
Es ist auch nicht immer ganz eindeutig gesichert, was historische geschichtliche Tatsachen sind. Der Glaube kann alles aus diesen Büchern getrost als historisch gegeben anschauen; die historische Forschung hat zu unterscheiden. Davon wird der Glaube auch wiederum berührt, indem das historisch Unwahrscheinliche nicht besonders zu seiner Stütze dient, in der Predigt wenig verwendet wird oder dann nur mit dem Hinweis, dass es nicht um historische Bedeutung geht, und der Glaube hat als Glaubenswissen sich auch mit gewissen eindeutig zweideutigen Tatbeständen zu befassen. Nehmen wir die eindeutig missverständliche, also eindeutig zweideutige, aus der Bibel übersetzte Schöpfungsgeschichte. Während man getrost von einer evolutiv entstandenen Erde sprechen kann, wenn z. B. Ps 90 sagt, vor Gott seien tausend Jahre wie ein Tag, so steht aber doch im Schöpfungsbericht, Gott habe die Welt in sechs Tagen erschaffen. Also tun sich Spannungen auf, welche je nach Deutung unterschiedlich gehandhabt werden.
Diese Handhabe ist nicht immer die gleiche. Selbst wenn sich die Theologen hier nicht widersprechen, so setzen sie doch unterschiedliche Schwerpunkte, und das ist auch gut so, weil bei Gott viele Wohnungen sind.
Ich spreche dem Christentum nicht ab, daß es ein
Offenbarungsglaube ist, sondern ich habe lediglich Zweifel, ob
einige Bücher des AT eine Grundlage des christlichen Glaubens,
wie die Kirchen ihn heute vertreten, sind.
Grundsätzlich sind sie es. Man hat unterschiedliche Deutungen, warum, aber diese Deutungen sind meist plausibel. Insbesondere besagt eine davon, dass man ohne die Geschichtsbücher des AT gar kein solches Geschichtsbewusstsein hätte, aus dem man Identität schöpft.
…Die Geschichte, die am
jüdischen Volk geschehen ist, betrifft die Nachgeborenen aber
sehr wohl…
Natürlich geht es die Nachgeborenen was an. Ja eben, ich fände
es gut wenn sie mehr darüber wüßten.
Warum lesen und betrachten sie dann die entsprechenden Bücher nicht?
…erstens weil das Volk Gottes in der Kirche
fortgesetzt wird (und zugleich auch als Volk Israel
fortbesteht)…
Die Ansicht kann ich nicht teilen.
Biblische Begründung: Röm 9,6 sagt, nicht alle, die aus Israel stammen, seien Israel. Der neue Bund des NT gilt als Ausdehnung des Alten Bundes auf die Heiden, dennoch wird auch das alte Israel gemäss der Überzeugung des Paulus gerettet werden. Also, welche Aussage kannst Du nicht vertreten, dass es einen Neuen Bund gibt, der den Alten Bund erfüllt, oder dass das alte Volk Israel dann, wenn die Völker sich zum Herrn bekennen, auch gerettet werde?
zweitens weil man in diesen Geschichten eigene
Geschichten wiederfinden kann und drittens weil man darin
Dinge über Gott und die Beschaffenheit des Menschen vernehmen
kann.
Was aber mit dem Mittelpunkt des christlichen Glauben, dem
Erlösertod, nichts zu tun hat. (um mal auf meinen Ansatzpunkt
zurückzukommen)
Gott und die Beschaffenheit des Menschen, die man in jenen Geschichten besser erkennen kann, haben mit dem Erlösertod eben ganz zentral zu tun. Erstens ist der Erlösertod das deutlichste Kennzeichen für den christlichen Gottesbegriff. Er sagt, wie wir uns Gott vorzustellen haben und warum der Schöpfer (Vater) nicht einfach in allem dasselbe sei wie der menschgewordene vernünftige Begriff (Sohn), Der eben diesen Erlösertod in Gottverlassenheit starb, und wiederum nicht dasselbe wie Gottes Geist, der die Menschen durchweht, neu schafft und selbst Gott ist. Gerade dieser Heilige Geist ist es, der in den Büchern des AT immer wieder erwähnt ist und das Gottesbild eröffnet, dass sich uns Christen in Gestalt der (letztlich unerforschten) Trinität darbietet, welche sich aus der Tatsache ergibt, dass Gott Beziehung ausserhalb von Sich selber nicht nötig hat, sondern auch in Sich Beziehung ist.
Die weltliche Herrlichkeit, wie sie einst in Jerusalem verwirklicht war und in den Büchern der Chronik beschrieben ist, ebnete den Weg für die Vorstellung einer Erneuerung, einer Sehnsucht des Volkes Israel nach neuerlichem weltlichem Glanz. Als man aber sah, wie wenig der weltliche Glanz wert ist und wie vergänglich wir sind, begann man nach geistlichen Gütern zu streben und vor Gott um einen Erlöser zu bitten, der mehr war als nur ein weltlicher König, ja man begann schliesslich (in den Spätschriften des AT festgelegt), der weltlichen Macht überhaupt keinen so hohen Stellenwert mehr zu geben wie der Weisheit, die die Menschen bei Gott finden. Das alles brauchte eine Entwicklung, deren Anfang lautet: Da ist ein Gott, der den Menschen ernst nimmt, also nicht nur irgendwo im Jenseits über unsere Ohnmacht lacht, sondern mit uns als Verantwortlichen einen Vertrag schliesst, und Der später ein bestimmtes Volk führt oder einen König einsetzen kann, der dann besser oder schlechter vor der Geschichte dasteht. Je mehr Er mit den Menschen durchlebt und auf ihre Geschichte länger und häufiger Einfluss nimmt, desto besser werden Seine Konturen erkennbar.
So weit mir bekannt ist sprechen die jüdischen
Geschichtsbücher nicht gegen die Existenz von Jesus, wohl aber
dagegen, daß er der Erlöser ist, eben weil die Juden es
historisch betrachten.
Wenn man einen rein weltlichen David erwartet hätte, könnte man sich im jüdischen Glauben wohl daran halten. Dagegen gebe ich zu bedenken: Schon der erste David war vom Propheten gesalbt, also nicht rein weltlich, genauso verhielt es sich mit all seinen Nachfolgern. Also hat jede weltliche Königsherrschaft nicht nur Weltliches an sich. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass das Königtum Jesu nur noch geistlich ist (Joh 18: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt.“) - allerdings wurde Er in seltsamer Weise auch als menschlicher König eingesetzt (indem Pilatus zum Volk sprach: Seht euren König).
Aber in diesem Punkt mag man mich korrigieren, falls ich irre.
Viele Juden erwarten eine Fortsetzung des historischen Königtums im weltlichen Volk Israel. Insofern hast Du nicht Unrecht. Die Geschichtsbücher sind aber auf wenigstens drei Arten lesbar: als schlicht geschichtliche Chronik, die dem Volk sagt, woher es kommt, welche Reichtümer es erreicht hat und wohin es folglich wieder kommen könnte; als geistlich-tiefenpsychologisch-mythisches Werk, das den Menschen vor Augen führt, was unter ihnen zu geschehen pflegt, wie sie vergänglich sind und was das Überirdische an Verehrung und Ehrlichkeit benötigt; aber auch als prophetisches Werk, das eine Entwicklung anzeigt hin vom blossen menschlichen Volk, das sich Gottes Volk nennen will, bis hin zum vergeistigten geistlichen Volk, das neu geboren ist aus dem Wasser der Taufe statt nur aus der alten Beschneidung, weil es mit dem Herzen erkennt und nicht nur mit den Lippen und mit Opfern verehrt.
Das Heilsgeschehen geschieht zwischen Gott und den Juden.
Zunächst geschah es da, es bezog sich aber bereits damals auf
Gott und alle Menschen guten Willens.
Woraus schließt du das? Wo steht das?
Ps 51 (Gebet eines Sünders): Schlachtopfer willst Du nicht, ich würde sie Dir geben, an Brandopfern hast Du kein Gefallen. Das Opfer, das Gott gefällt, ist ein zerknirschter Geist, ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst Du, Gott, nicht verschmähen.
Jes 25,1 (nach der Strafe und Sühne) Und der Gott der Heerscharen wird allen Völkern auf diesem Berge ein Festmahl zubereiten.
Ps 72,11 alle Völker werden Ihm dienen.
Und weitere Stellen.
Es hat etwas mit
Geschichtsverständnis, Wissensverständnis, Glauben,
Glaubenswissen und letztendlich Weltansschauung zu tun.
Da fehlt mir wohl noch einiges.
Geschichtsverständnis: dass man in einer Entwicklung begriffen sein kann, wenn man sich dazu entschliesst, dieser Sichtweise Raum zu geben; Wissensverständnis: dass man unter Wissen stets das versteht, was man grösstenteils von anderen Menschen hat und immer nur zu kleinem Teil selber überprüfen kann, ferner dass die prüfenden Sinne uns auch mal täuschen können; Glaube: dass der etwas zwar in seinen Teilen Erklärbares, aber als Ganzes immer jedem in diesem irdischen Leben Unverständliches bleibt, dem allein der Kopf nie gerecht wird, sondern der stets auch das Herz braucht; Glaubenswissen: dass auch die hörbaren Dinge, die vom Glauben und seinen Geschichten erzählen, ihren Wert haben, selbst wenn der Verstand allein doch nicht den ganzen Glauben erfasst; Weltanschauung: Dass der Glaube nie erfasst ist, sondern stets Wegbegleiter, Herausforderung, allenfalls Ziel, aber nur jenseitiges Ziel, im irdischen Leben kann keiner Gott ganz erkennen, sondern nur immer eine Seite von Ihm.
Gruß Steffi
Gruss
Mike