Verlosung in Berlin?

Nun ja, aber bis auf Finnland und Japan (wo es auch kein rein eingliedriges System gibt) stürzen doch die eingliedrigen bei PISA und auch real total ab. In Frankreich hat ein Abschlussjahrgang am Collège teilweise 20% Analphabeten. In England ziehen Eltern mit ihren Kindern um, damit sie für Aufnahmeprüfungen für die letzten existierenden Grammar Schools (auch staatliche)in Frage kommen. Diese Grammar Schools sind den deutschen Gymnasien nachempfunden und erreichen regelmäßig beste Ergebnisse im Ofsted Report. Kaum Comprehensive Schools schaffen es auf gute Ergebnisse - und die sind doch genau das, was du propagierst: eingliedrig.

richtig - und wenn wir die finnischen Verhältnisse genauer betrachten stellen wir fest, dass die Klassengrößen geringer sind, die Versorgung mit Sozialpädagogen für die schwierigen Kinder besser und der Anteil der nicht finnisch sprechenden Kinder praktisch Null ist. Liefere einem Grundschullehrer (in Berlin-Kreuzberg oder sonstwo) eine Klasse mit 18 Kindern, die alle muttersprachlich deutsch sind, dazu einen Fulltime-Sozialarbeiter, dem er auffällige Schüler temporär anvertrauen kann und er wird fulminate Lehrerfolge haben…Kostet halt Geld!

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Ich wage noch anzumerken, dass der Grundschullehrer in der Regel nicht alleine wäre, sondern dass zwei hauptamtliche Lehrkräfte, vorzugsweise ein Mann und eine Frau, diese 18 Kinder gemeinsam unterrichten würden.

Hallo,

mir gings ähnlich

mir auch, aber umgekehrt, und ich bin heute ziemlich froh, dass sich meine Grundschullehrerin mit der „besseren“ Empfehlung gegen den Wunsch meiner Eltern durchgesetzt hat. Es wird immer davon ausgegangen, dass die Lehrerempfehlung Kinder benachteiligen würde, aber es kann doch genauso gut umgekehrt sein. Ausschließlich den Eltern würde ich die Entscheidung jedenfalls nicht überlassen wollen.

Grüße
Sonja

Sei gegrüßt.

stürzen doch die eingliedrigen total ab

Achso? Wo denn?
Wo wird denn seit 1991 eine echte Einheitsschule gemacht?
Nirgends.

Was abstürzt, ist die Gesamtschule, die nach außen den integrierenden Schein ausstrahlt und nach innen wie das gegliederte Schulsystem Differenzierung betreibt.

Und das ist das entscheidende Problem mit dieser Rhetorik: Nachdem fulminanten Scheitern unseres herrlich frischen Schulsystems, was ja nur lumpige 200, 250 Jahre alt ist, versucht man allenfalls Ausreden zu erfinden, vor allem um das Gymnasium in der jetzigen Form zu retten. Der Rest kann zusehen, wie er vorwärts kommt, hauptsache für die bessergestellten Eltern wird das Gymnasium nicht angerührt.

Daß das System an sich vollkommen falsch ist und den Ansprüchen einer modernen Industriegesellschaft nicht gerecht werden kann, wird ausgeblendet und schöngeredet. Wenn eine Schulstruktur mit den oft als Prellbock genannten Ausländern überhaupt keine Probleme hätte, wäre das ein Einheitsschulsystem. Einheitsschulsystem wohlgemerkt, nicht Gesamtschule. Sondern Kinderkrippe und Kindergarten als vorgeschaltete Schule und dann eine einheitliche Oberschule, die nach acht Jahren für die Leistungselite einen Sonderweg bietet. Denn unter solchen Zuständen wäre es ohne großen Aufwand möglich, die Vorschulerziehung zur Pflicht zu erklären, so daß Integrationsprobleme im Keim erstickt würden.

Daß die integrierten Schulsysteme in manchen Ländern scheitern, ist in allen Fällen eindeutig mit einer gescheiterten Integrationspolitik in Deckung zu bringen. In Frankreich ist das so, in den USA ist das teilweise so. Etwas anderes ist in den Fachartikeln nicht zu lesen. Die Beteiligten kommen immer auf den Punkt, daß die Eltern mit brachialer Gewalt Schlupflöcher und Lücken im System suchen, sich dem System aus reinem Standesdünkel entziehen wollen und die Ausländer als Parallelgesellschaft zurückbleiben.

Wenn es sie denn in nennenswerter Zahl gegeben hätte, hätten die Ausländer in der DDR gar nicht so schnell schauen können, wie das staatliche Bildungssystem massiv in deren Kindererziehung eingegriffen hätte, um sprachliche und intellektuelle Chancengleichheit abzusichern.
Ähnliches galt nämlich bereits für die Deutschen in der DDR; Kinderkrippe und Kindergarten waren zwar feiwillig, doch im 6. Lebensjahr mußte jedes Kind, was nicht in staatlichen Erziehungseinrichtungen betreut wurde, verpflichtend zu den „Lern- und Spielnachmittagen“ gehen. Da wurde Vorschule nach Plan gemacht, so daß diese Kinder möglichst nicht hinter die anderen, frühgeförderten Kinder zurückfielen.
Der Unterricht der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule war nicht oder nur sehr begrenzt dafür geeignet, Kinder zu bilden, die nicht zum Zeitpunkt der Einschulung auf dem sprachlichen und geistigen Stand eines normalen, frühzeitig geförderten Muttersprachlers lagen.
Die paar Prozent Schwererziehbare und die geistig und körperlich Behinderten wurden in die zehnklassige allgemeinbildende Sonderschule ausgelesen. Und in der Unterstufe wiederholten 20-25% der Kinder eine Klasse, weil die Anforderungen eben nicht auf dem minimalen Nenner der Leistungsschwachen ausgerichtet waren.

Wie ich es außerdem schon einmal betonte: Einheitsschule ist nicht einfach nur die eine Schule für alle. Einheitsschule, und das ist die Deutungshoheit der DDR, ist keine isolierte Schulform, die aus irgendwelchen Randbedingungen und irgendwelchen Kindern das beste herausholen muß, sondern Einheitsschule ist ein organisch gelenkter Verbund mehrerer Schulen, die vom kleinsten bis zum größten Zahnrädchen aufeinander zugeschnitten worden sind. In dem Sinne war das Schulsystem der DDR absichtlich niemals eingliedrig.
Für linke Spinnereien und die sozialistische Gleichmacherei einer eingliedrigen „Schule für alle“ ohne Sitzenbleiben, ohne Zensuren und mit offenem Unterricht war im Bildungssystem der DDR kein Platz.
Das Max-Planck-Institut bestätigte übrigens in Untersuchungen, daß der fachlich bessere Unterricht ein disziplinierter, durchorganisierter, lehrerzentrierter Unterricht ist, der im Wesentlichen methodisches Handwerk erfordert.
Die Finnen würden zustimmen. Das ist schließlich das, was sie in den 60ern und 70ern in der DDR erlebt haben. Methodik, nicht Didaktik oder gar hochgezüchtete, weltfremde Erziehungstheorie.

Zum Glück für die Honecker-DDR mußte sie sich nicht öffentlich mit der Ulbricht-DDR vergleichen, denn ich persönlich schätze, daß die zweijährige EOS nach der 10. Klassse im Direktvergleich mit der vierjährigen EOS nach der 8. Klasse schlechter abgeschnitten hat. Der Aufbau einer echten Zehnklassenschule für alle Kinder 1970 stieß aus gutem Grund nicht gerade auf Gegenliebe bei den Eltern und auch nicht bei den Pädagogikspezialisten.
Außerdem leiden die spezialisierten Klassen (z.B. mit verstärktem sprachlichen Unterricht) unter solchen Tendenzen.

Das Niveau war trotzdem noch gut, besser als heute allemal, doch meine Frau und ich hätten für unsere Kinder lieber ein 8+2 bzw. 8+4 Modell gesehen, statt die zehnjährige Pflichtschule, der sich keiner entziehen durfte. Ab einem gewissen Punkt ist es nicht mehr optimal, die im Erwachsenwerden begriffenen Kinder einfach zusammenzustecken.
Dieser Punkt ist jedoch gewiß nicht die 4. oder die 6. Klasse.

Viele Grüße :smile:

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Gleichmacherei fördert?

Sei gegrüßt.

Vermutlich hofft man, dass mit der Abschaffung der Hauptschule
auch die schwachen Schüler abgeschafft werden…

Du meinst die Schüler, die vom gegliederten Schulsystem zuvor
bewußt zu Hauptschülern gemacht werden und die in der
Hauptschule kontinuierlich verdummt und gebremst werden?

Hallo Reinerlein,

ich hoffe, die mitlesenden Lehrer nehmens mir nicht übel, aber ich habe das Gymnasium eigentlich auch immer als Verdummungsanstalt und Lernbremse erfahren. Gelernt hab ich in der Bücherei.

Ich glaube, dass es ungefähr die Hälfte aller Schüler, nämlich die, die auch nur leicht über dem Durchschnitt sind, als Lernbremse empfinden. Ob dieser Missstand durch noch mehr Gleichmacherei behoben wird, ist doch eher unwahrscheinlich, gell?

Nick

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Hallo,

Inragekommenden

finde ich besonders schön!

-)

Grüße
Artemis

Selekton mal wieder
Hallo Orchidee,

Und
die verpflichtende Grundschulempfehlung ist halt in Zeiten der
so genannten Chancengleichheit obsolet. Da lässt man die
Kinder lieber am Gymnasium scheitern als sie auf die richtige
Schule zu schicken, obwohl der Geundschullehrer schon wusste
was er tat mit seiner Empfehlung.

Du trittst hier in der Rolle eines meiner Lieblingsfeindbilder auf. (bitte nicht persönlich nehmen)
/t/bloss-nicht-zu-viele-gute-schueler/4733911
/t/herkunftsbedingte-selektion/2566080
/t/empfehlung-nach-der-grundschule/2696361/10

Grundschullehrer mögen zwar wissen was sie tun, nur wird dies häufig nicht unbedingt im Sinne der Kinder und der Gesellschaft sein. Siehe hierzu besonders der erste Link.

Die leistungsbedingte Selektion der Kinder nach der vierten oder sechsten Klasse gibt es weltweit nur im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz) und in Nordirland.
Warum wohl?
Und zeichnen sich diese Länder durch besonders gute Schüler aus? Nicht soweit mir bekannt ist. Dafür rügte die UNESCO (wenn ich mich richtig erinnere) die starke Abhängigkeit der Bildung von der sozialen Herkunft in Deutschland.

Es spielt halt viel ideologische Verbohrtheit eine Rolle.

Gruß
Carlos

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Hi,

wieso wollten dich deine Eltern auf eine Realschule (denk ich mal) schicken, obwohl die Lehrerin Gymnasium (mein Tipp) vorschlug?
Versteh ich nicht.

Gruß
Steffie

Hallo Steffie,

wieso wollten dich deine Eltern auf eine Realschule (denk ich
mal) schicken, obwohl die Lehrerin Gymnasium (mein Tipp)
vorschlug?
Versteh ich nicht.

Da gibt es schon einiges, was manche Eltern vorbringen: „Geldverschwendung“, „heiratet sowieso“, „gab’s in unserer Familie noch nie“, „soll im eigenen Betrieb mithelfen“ und Ähnliches.

Viele Grüße
Kati

Hi,

Da gibt es schon einiges, was manche Eltern vorbringen:
„Geldverschwendung“, „heiratet sowieso“, „gab’s in unserer
Familie noch nie“, „soll im eigenen Betrieb mithelfen“ und
Ähnliches.

sowas gab es tatsächlich noch in den 90er Jahren?!
Unglaublich.

Gruß
Steffie

Hallo,

sowas gab es tatsächlich noch in den 90er Jahren?!
Unglaublich.

Unglaublich, aber leider wahr.

Glücklicherweise habe ich das nicht bei meinen Eltern erlebt, aber bei ehemaligen Grundschulmitschülern (gibt es das Wort überhaupt?) und den Eltern meiner Gruppenstundenkinder habe ich derartiges gehört.

Gruß
Kati

Hi

Gibts sogar heute noch. Nicht nur ich muss mit allem kämpfen um studieren zu dürfen, weil ich ja eigentlich längst verheiratet und gefälligst schwanger sein sollte (nur meine Mutter unterstützt mich da), sondern auch die Cousine einer Bekannten, die sich grad durch die 7. Klasse des Gymnasiums kämpft und dort eigentlich gar nicht wäre, wenn es nach ihren Eltern ginge, die fest davon ausgehen, dass sie später eh im eigenen Betrieb mitarbeitet.

Von wegen, nur die „muslimischen Mitbürger“ hätten ein frauenfeindliches, altmodisches Weltbild. Die Deutschen sind leider auch nicht besser (und dies zur Generalisierung auf beiden Seiten)

lg
Kate

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Moin,

sowas gab es tatsächlich noch in den 90er Jahren?!
Unglaublich.

gibts auch heute noch. Speziell bei Mädchen wird von nicht wenigen eine höhere Bildung als Hauptschule als pure Verschwendung angesehen.
Bei Leuten ohne Migrationshintergrund wohlgemerkt.
Auch bei Jungs hab ich Sprüche gehört wie:
Der soll was anständiges lernen!
Studieren kommt sowieso nicht in Frage!

Da haben GrundschullehrerInnen nicht selten Probleme, die Eltern zu überzeugen.

Gandalf

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Hallo

stürzen doch die eingliedrigen total ab

Achso? Wo denn?
Wo wird denn seit 1991 eine echte Einheitsschule gemacht?
Nirgends.

Doch. In Spanien. Da gibt es die ESO (Educación Secundaria Obligatoria). Dort werden die Kinder nicht nach ability groups oder ähnliches, wie das in Großbritannien gibt, aufgeteilt, sondern sie gehen halt alle in eine Klasse. Nach einer 6jährigen Grundschule, soweit ich weiß. Und die Spanier sind auch nicht das Glanzlicht bei PISA, würd ich mal behaupten.

Was abstürzt, ist die Gesamtschule, die nach außen den
integrierenden Schein ausstrahlt und nach innen wie das
gegliederte Schulsystem Differenzierung betreibt.

Naja. Kommt drauf an. In Großbritannien haben die Schüler eine große Wahlfreiheit. Da kein Fach verpflichtend ist, findet jeder was, was er kann. Und es kriegt auch jeder ein GCSE und 80% oder so aller Leute A-Levels.

Daß das System an sich vollkommen falsch ist und den
Ansprüchen einer modernen Industriegesellschaft nicht gerecht
werden kann, wird ausgeblendet und schöngeredet. Wenn eine
Schulstruktur mit den oft als Prellbock genannten Ausländern
überhaupt keine Probleme hätte, wäre das ein
Einheitsschulsystem. Einheitsschulsystem wohlgemerkt, nicht
Gesamtschule. Sondern Kinderkrippe und Kindergarten als
vorgeschaltete Schule und dann eine einheitliche Oberschule,
die nach acht Jahren für die Leistungselite einen Sonderweg
bietet. Denn unter solchen Zuständen wäre es ohne großen
Aufwand möglich, die Vorschulerziehung zur Pflicht zu
erklären, so daß Integrationsprobleme im Keim erstickt würden.

Wie ich es außerdem schon einmal betonte: Einheitsschule ist
nicht einfach nur die eine Schule für alle. Einheitsschule,
und das ist die Deutungshoheit der DDR, ist keine isolierte
Schulform, die aus irgendwelchen Randbedingungen und
irgendwelchen Kindern das beste herausholen muß, sondern
Einheitsschule ist ein organisch gelenkter Verbund mehrerer
Schulen, die vom kleinsten bis zum größten Zahnrädchen
aufeinander zugeschnitten worden sind. In dem Sinne war das
Schulsystem der DDR absichtlich niemals eingliedrig.
Für linke Spinnereien und die sozialistische Gleichmacherei
einer eingliedrigen „Schule für alle“ ohne Sitzenbleiben, ohne
Zensuren und mit offenem Unterricht war im Bildungssystem der
DDR kein Platz.
Das Max-Planck-Institut bestätigte übrigens in Untersuchungen,
daß der fachlich bessere Unterricht ein disziplinierter,
durchorganisierter, lehrerzentrierter Unterricht ist, der im
Wesentlichen methodisches Handwerk erfordert.
Die Finnen würden zustimmen. Das ist schließlich das, was sie
in den 60ern und 70ern in der DDR erlebt haben. Methodik,
nicht Didaktik oder gar hochgezüchtete, weltfremde
Erziehungstheorie.

Das ach so hoch gelobte finnische Schulsystem ist aber leider Gottes auch nicht auf die moderne Industriegesellschaft ausgerichtet. Ausgebildete Handwerker braucht auch diese. Dummerweise gibts die aber nicht, weil ja jeder Abitur macht.
Und dass lehrerzentrierter Unterricht NICHT das Beste ist, wurde und wird seit Jahren immer wieder in Studien nachgewiesen. Und wird immer wieder bewiesen von Montessori, Waldorf und Jenaplan. Allerdings ist auch klar, dass dieses hübsche „wir erarbeiten uns alles selbst“ à la LDL (Lernen durch Lehren, propagiert vom an der hiesigen Universität ansässigen Erfinder Jean-Paul Martin) auch nicht das wahre ist (hab ich am eigenen Leib erlebt. Mein erster Linguistikprofessor war so vernarrt in den oben genannten, dass Hopfen und Malz verloren waren…). Ich bin für eine gesunde Mischung aus lehrerzentriert und „task based“, wie man für den Fremdsprachenunterricht so schön sagt.

Das Niveau war trotzdem noch gut, besser als heute allemal,
doch meine Frau und ich hätten für unsere Kinder lieber ein
8+2 bzw. 8+4 Modell gesehen, statt die zehnjährige
Pflichtschule, der sich keiner entziehen durfte. Ab einem
gewissen Punkt ist es nicht mehr optimal, die im
Erwachsenwerden begriffenen Kinder einfach zusammenzustecken.
Dieser Punkt ist jedoch gewiß nicht die 4. oder die 6. Klasse.

Nach der 4. Klasse ist er doch nur, weil es einen Kompromiss zwischen Konservativen und Sozialisten gab: die Sozialisten wollten 8 Jahre Grundschule, die Konservativen wollten überhaupt keine. Deshalb trafen sie sich in der Mitte.
Und ob das Niveau gesunken ist, keine Ahnung. Ich habe nicht damals gelebt und lebe heute nicht im Osten, weshalb ich das Niveau dort überhaupt nicht kenne.

Viele Grüße :smile:

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Moin,

In Frankreich hat ein
Abschlussjahrgang am Collège teilweise 20% Analphabeten.

Woher nimmst Du diese Zahl, und was soll man unter „teilweise“ verstehen?

Pit

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Hallo

In Frankreich hat ein
Abschlussjahrgang am Collège teilweise 20% Analphabeten.

Woher nimmst Du diese Zahl, und was soll man unter „teilweise“
verstehen?

Ich hab das in einer Fachzeitschrift gelesen, weiß aber wie immer nicht genau wann und in welcher.
Das „teilweise“ ist so zu verstehen, dass das an den einzelnen Schulen unterschiedlich ist. An ländlichen Schulen, von denen es aber nicht mehr so viele gibt, ist das nicht so, aber an Stadtschulen, vor allem in Paris, kommt es häufiger vor.
LG, Sarah

Hallo Volker,

Meinen Eltern wurde gesagt, dass ich mit ganz viel Glück die
Realschule schaffe, aber immer mit Mathe Probleme haben werde.

meiner Mutter wurde in der 5. vom Mathelehrer gesagt, ich sei völlig ungeeignet für das Gymnasium. Dabei hatte ich zuvor (im Jahre 1963) die beste Aufnahmeprüfung an diesem Gymnasium abgelegt. Der 6-er in Mathe kam davon, dass ich fast alles, was der mir damals beibringen wollte, schon nebenbei in der Doppelklasse 4./5. Jahrgangsstufe (evangelische Volksschule im katholischen Bayern) mitgekriegt hatte. So hat mich die Mathe gelangweilt, ich hab nichts mehr gemacht und so fehlte mir die Übung.

Es hat dann zum Physik und Mathe-Studium gereicht. Diese
Mathekenntnisse reichen mir für den Hausgebrauch.

Ich bin ja „bloß“ Elektroingenieurin geworden, was ja auch ganz schön mathelastig ist.

Also, die Empfehlungen sind eben manchmal daneben, es gibt
Spätzünder!

Und bei mir wäre ein anderer Schulweg gar nicht möglich gewesen, denn meine Eltern gehörten zum „Bildungsbürgertum“, auch in der Kleinstadt anerkannt.

Gruß, Karin

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zugegeben, der gefällt mir auch
:wink:

Grüß Dich.

Doch. In Spanien. Da gibt es die ESO (Educación Secundaria Obligatoria).

Wenn die Informationen stimmen, die ich durch eine kurzeRecherche aufgetan habe, irrst Du dich vollständig.

Die Educación Secundaria Obligatoria umfaßt das Alter von 12-16
und ist absolut keine Einheitsschule. Vorgeschaltet ist eine andere Schulform, die Educación Primaria.
Definitiv nicht vergleichbar mit der deutschen Einheitsschule, sondern eher eine Reihenschaltung von Gesamtschulen. Da sehe ich deutlich mehr Berührungspunkte zum gegliederten Schulsystem als zu einem integrierten Schulsystem.

Und dass lehrerzentrierter Unterricht NICHT das Beste ist,
wurde und wird seit Jahren immer wieder in Studien nachgewiesen.

Das ist ja das Problem: Es stimmt nicht. Das wird an allen Ecken und Enden b e h a u p t e t, doch nirgends bewiesen.

Das Max-Planck-Institut dagegen hat Unterrichtsvergleiche durchgeführt, und die größten Kenntniszuwächse erreichte der disziplinierte, lehrerzentrierte Unterricht.
Ich konnte noch keine umfassende Studie zum offenen Unterricht finden, man liest in den letzten Jahren jedoch zunehmend enggefaßte Untersuchungen, die klar zeigen, daß der offene Unterricht nur den paar Prozent guten Schülern nützt und daß der Rest, d.h. die vielen normalen und vor allem die leistungsschwächeren Schüler, absacken.
Die Mehrheit der Kinder ist vom erforderlichen Verhalten und von den erforderlichen Vorkenntnissen des selbstgesteuerten Lernens überfordert. Kurz: Ihr geringer Kenntnisstand und ihre defizitäre geiste Reife - was ja der absolute Normalfall für Unterstufenkinder ists! - verhinden einen nennenswerten Lernfortschritt.
Das entspricht des weiteren den Schul- und Unterrichtsversuchen der DDR aus den 50ern und 60ern, wo statistisch gezeigt wurde, daß ausschließlich der sogenannte „Unterricht in gleicher Front“ und der „Unterricht unter der Führung des Lehrers“ (Klassenführung, classroom management) die straffen Anforderungen der Lehrpläne in der verbindlich geforderten Zeit realisieren konnte. Wie man in den Archiven lesen kann, wurde daraufhingewiesen, daß der Unterricht in gleicher Front aufgelockert werden sollte, z.B. durch Stillarbeit, gemeinsame Arbeit im Kollektiv (kleine Gruppenarbeit), Schülerexperiment usf…
Ich finde es daher nicht verwunderlich, daß die Kinder dieser Tage besonders im Grundschulalter einen unausgelasteten, ungebildeten, verzogenen Eindruck machen, wo uns im gleichen Alter häufig der Kopf zum Himmel gequalmt hat.

Vermutlich werden die Kuschelpädagogen jetzt vorwurfsvoll und pseudoempört zu Protokoll geben, daß „moderner“ Unterricht keinesfalls das nach rationellen Sichtweisen optimierte Hineinschütten von Kenntnissen und Fertigkeiten in die Kinder sein darf, und daß die Grundschule ein spielerischer Schonraum sein muß und daß die Kinder doch von sich aus blablabla. Der typische Mist.

Wie supererfolgreich die schülerzentrierte, „moderne“ Pädagogik ist, sieht man ja an den Kindern, die einen am Ende der 4. Klasse mit verstörenden Fähigkeiten in Mathematik, Grammatik, Orthographie, Schönschrift, Heimatkunde, Werken, Schulgarten und Körpererziehung freudig überraschen!

Das ist auch das, was ich angesprochen hatte: Es fehlt die intensive und leistungsorientierte Hilfe für die schwachen und normalen Schüler, während die guten Schüler unbeachtet recht gut zurechtkommen. Das ist der Schlüssel, warum nach wenigen Jahren Hauptschüler, Realschüler und Gymnasiasten entstehen und diese Kinder bereits in der Mitte der Grundschulzeit recht gut innerhalb der Klasse identifiziert werden können. So deutlich fällt das künstlich erzeugte Leistungsgefälle aus. Statt die Kinder ständig während des ganzen Schultages intellektuell zu umsorgen, werden nur große Reden von der „individuellen Förderung“ geschwungen. Steuerbare, wirksame Mechanismen und flächendeckende Strukturen sucht man vergebens.
Beliebiges, amateurhaftes Herumgefummel im Unterricht, statt Lehrer, Schulen und das ganze Bildungssystem zielführend umzubauen.

Und ob das Niveau gesunken ist, keine Ahnung.

Es sind nach PISA 2001 von mehreren Universitäten statistische Auswertungen unternommen worden und die Schüler der DDR kamen den nicht öffentlich zugänglichen Schulstatistiken von damals entsprechend Ende der 70er/ Beginn der 80er Jahre auf einen mittleren Intelligenzquotienten, der statistisch signifikant über 100 lag und was umgerechnet in PISA-Maßstäbe damals schon Spitzenpositionen geheißen hätte. Inzwischen sind die Schüler in den neuen Bundesländern auf den gleichen mittleren Intelligenzquotienten zurückgefallen, wie er in der Schülerschaft der alten Bundesländer vorherrscht und der statistisch signifkant unter 100 liegt.

Ich muß allerdings keine dermaßen ausufernden, ausgeklügelten Methoden anwenden, um prinzipiell auf das gleiche Ergebnis zu kommen.

Ich lege schlicht und ergreifend die Lehrpläne und Schulhefte von uns und unseren Kindern neben die Lehrpläne und Schulhefte unserer Enkelkinder.
Im Anschluß habe ich zwei Möglichkeiten:

  1. Ich schüttle mit den Kopf, was für geringe Kenntnisse im allgemeinen und vor allem in Deutscher Sprache, in Mathematik, Physik, Chemie und Technik den Kindern heutzutage zugemutet werden. In der Unterstufe (Grundschule) fällt das besonders auf.

  2. Ich bin erstaunt und freue mich ins Fäustchen, was und für das gegenwärtige allgemeinbildende Fächersystem übersteigende Kenntnisse vermittelt worden sind und daß wir u.a. in zwölf Jahren Abitur sichtbar mehr lernen mußten, als die Gymasiasten heutzutage in dreizehn Jahren. Letzteres ist interessant bezüglich des Jammerns in Bayern und Baden-Württemberg, wo ja stocksteif behauptet wird, es seien einfach dreizehn Jahre Stoff in zwölf Jahre gepreßt worden und ohne eine flächendeckende Ausholzung der Lehrpläne sei das nicht zu schaffen. Die bundesdeutschen Thüringer und die bundesdeutschen Sachsen wissen es seit 1990/91 besser.

Des weiteren sind es Sachen, die sich nicht einfach messen lassen, die einem aber im Alltag auffallen, so z.B. die geringe geistige Flexibilität, das aufmüpfige, ungezogene Verhalten und die geringe Selbständigkeit heutiger Kinder.
Das Verschwinden der Umgangsformen, das weinerliche Ausredenerfinden und das Zuschieben der Schuld auf andere, um eigene Untätigkeit zu rechtfertigen. Das Überbehütetsein, während gleichzeitig die gute Erziehung und die gute geistige Betreuung der Kinder von den Eltern nicht erbracht wird.

Dieser Themenstang zu dem Mathematiklehrer und der unfähigen 9. Klasse ist doch das perfekte Beispiel. Statt selbständig zu handeln, wird sich beklagt, schön zurückgelehnt aus dem Sessel werden alle möglichen Leute beschuldigt; eine verzogene, großkotzige Flennerei und dann das fulminante wiederkehrende Finale, daß dies und das überhaupt nicht die eigene Aufgabe sei, sondern daß ja die anderen verantwortlich wären und man nichts dafürkönne und man es keinesfalls einsehen würde, selbständig etwas zu Wege zu bringen, sondern einfach eine trotzige Verweigerungshaltung annimmt. Und daß als Gipfelpunkt unbeeindruckt geglaubt wird, daß man damit im Recht sei.

Sowas läßt sich nicht normiert messen, ist aber überall in der Gesellschaft und im Umgang mit den Kindern zu beobachten.
Die Endprodukte dieser gesellschaftlichen und schulischen Fehlentwicklung, d.h. weichgespülte, kaum belastbare Studenten, landen dann bei mir im Übungsraum an der Hochschule. :-/

Viele Grüße :smile:

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