Verlosung in Berlin?

Hallo,

als ich heute morgen in der Zeitung blätterte, las ich in einem Artikel, dass in Berlin schulisch schlimme Zustände herrschen:
Hauptschulen und Realschulen werden zusammengelegt, Gymnasialplätze verlost.

VERLOST? Hallo? hat hier schon mal jemand was von einem Aufnahmetest gehört?

Bitte sagt mir, dass der Artikel falsch ist!

Gruss, Marco

Hi
Zunächst gibt es die Aufnahmegespräche und Tests an den Gymnasien. Dann wird ein Rest von Plätzen unter den Inragekommenden verlost. Das war auch früher schon so.
Gruß,
Branden

Moin,

die Verlosung von Plätzen an einer Schule ist ein ganz normaler Vorgang.
An meiner ehemaligen Schule gab es jedes Jahr etwa doppelt so viele Bewerber, als Plätze zur Verfügung standen - die Plätze wurden verlost.
Die Schule ist eine Integrierte Gesamtschule (IGS), so ein gleichmacherisches Teufelswerk, da verbietet sich ein Aufnahmetest ohnehin.

Du sprichst von Gymnasien - wie stellst Du dir da einen Aufnahmetest vor? Vielleicht so:
Die Schule hat 100 Plätze, 150 Anmeldungen, macht eine Aufnahmeprüfung, nur die 100 besten werden angenommen, und der Rest fällt durch das Elite-Rüttelsieb? Da sei Gott vor!

Grüße
Pit

P.S.:

(…) dass in Berlin schulisch schlimme Zustände herrschen

In ganz D herrschen schulisch schlimme Zustände

Hallo Marco,

Hauptschulen und Realschulen werden zusammengelegt,

Das ist jetzt neuerdings hier in Rheinland-Pfalz auch so. Vermutlich hofft man, dass mit der Abschaffung der Hauptschule auch die schwachen Schüler abgeschafft werden…

Gymnasialplätze verlost.

VERLOST? Hallo? hat hier schon mal jemand was von einem
Aufnahmetest gehört?

Es gibt bereits Rechtsprevchung darüber, dass ein Gymnasium, das mehr Anmeldungen als Plätze hat, seine Schüler nicht nach Leistung aussuchen darf („wir nehmen die 150 Besten“ ) . Und die verpflichtende Grundschulempfehlung ist halt in Zeiten der so genannten Chancengleichheit obsolet. Da lässt man die Kinder lieber am Gymnasium scheitern als sie auf die richtige Schule zu schicken, obwohl der Geundschullehrer schon wusste was er tat mit seiner Empfehlung. Traurig aber wahr.
Gruß orchidee

Gruss, Marco

Sei gegrüßt.

Vermutlich hofft man, dass mit der Abschaffung der Hauptschule
auch die schwachen Schüler abgeschafft werden…

Du meinst die Schüler, die vom gegliederten Schulsystem zuvor bewußt zu Hauptschülern gemacht werden und die in der Hauptschule kontinuierlich verdummt und gebremst werden?

Da lässt man die Kinder lieber am Gymnasium scheitern als sie auf die
richtige Schule zu schicken

Die richtige Schule für die Kinder ist eine elfjährige Einheitsschule: drei Jahre Kindergarten, acht Jahre allgemeinbildende Oberschule.
Danach ist dann streng nach Leistung zu kanalisieren und nicht nach OBerschichtattitüde der Eltern, Akademikerprestige, Finanzhintergrund oder ethnischer Herkunft, wie es den Kindern durch diese weltweit einzigartige Selektionsrampe im ständegesellschaftlichen gegliederten Schulsystem zugemutet wird.

Viele Grüße

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Sei gegrüßt.

Salve

Du meinst die Schüler, die vom gegliederten Schulsystem zuvor
bewußt zu Hauptschülern gemacht werden und die in der
Hauptschule kontinuierlich verdummt und gebremst werden?

Womit du ausdrücken möchtest, die Hauptschullehrer haben keinen anderen Plan, als Kinder zu verdummen, zu bremsen und zu erniedrigen?

Die richtige Schule für die Kinder ist eine elfjährige
Einheitsschule: drei Jahre Kindergarten, acht Jahre
allgemeinbildende Oberschule.

Aha, also etwa so wie in England, wo mittlerweile die von dir beschriebe Akademikerschicht bzw. Eltern, die ihre Kinder nach ihrem Intelligenzstand gefördert sehen möchten, diese auf teure Privatschulen schicken, um dem Einheitssystem zu entgehen?

Danach ist dann streng nach Leistung zu kanalisieren und nicht
nach OBerschichtattitüde der Eltern, Akademikerprestige,
Finanzhintergrund oder ethnischer Herkunft, wie es den Kindern
durch diese weltweit einzigartige Selektionsrampe im
ständegesellschaftlichen gegliederten Schulsystem zugemutet
wird.

Ich habe im jetzt vergangenen Schuljahr eine 5.Klasse in Mathe unterrichtet, die zu ca. einem Drittel aus Kindern bestand, die eine Realschulempfehlung hatten, ein weiteres Drittel kam mit ausgezeichneten Noten von der Grundschule. Das erste Drittel kämpft - zum Teil mit sehr großem Einsatz - um Vieren und gelegentliche Dreien, das zweite Drittel braucht ständig Extrafutter, weil die dritte und vierte Erklärung einfacher Klammerregeln oder des Umgangs mit negativen Zahlen diese Kinder zum Gähnen langweilt. Ich mache teilweise Unterricht wie früher die Zwergschulen. Ist es das, was du optimal findest? Für mich ist das das Gegenteil von Begabtenförderung…
Gruß von Orchidee (die übrigens fast alle Lehrwerke der DDR früher auf postalischem Tauschweg erhalten hat und sie durchaus mitelmäßig findet)

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Anmerkung
Hallo orchidee,

so genannten Chancengleichheit obsolet. Da lässt man die
Kinder lieber am Gymnasium scheitern als sie auf die richtige
Schule zu schicken, obwohl der Geundschullehrer schon wusste
was er tat mit seiner Empfehlung. Traurig aber wahr.

Meinen Eltern wurde gesagt, dass ich mit ganz viel Glück die Realschule schaffe, aber immer mit Mathe Probleme haben werde.

Nach einem Jahr Realschule bin ich direkt in die 6. Kl. Gymnasium aufgenommen worden und habe ohne Wiederholung mein Abi gemacht.

Es hat dann zum Physik und Mathe-Studium gereicht. Diese Mathekenntnisse reichen mir für den Hausgebrauch.

Also, die Empfehlungen sind eben manchmal daneben, es gibt Spätzünder!

Gruß Volker

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Zustimmung
Hallo Volker,

mir gings ähnlich: Hauptschulempfehlung, auf Wunsch der Eltern Realschule besucht, heute Dozent an einer Universität.

Gruß
Grin

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Hallo Volker,

Also, die Empfehlungen sind eben manchmal daneben, es gibt
Spätzünder!

Unbestritten - und wie man sieht hast du ja auch die Durchlässigkeit des dreigliedrigen Schulsystrems genutzt und dein „Spätzündertum“ hat keinen Schaden angerichtet. Wir haben z.B. jedes Jahr eine zweistellige Anzahl von Realschülern, die nach der 10 mit Empfehlung in die Oberstufe kommen und die meisten schaffen auch das Abitur.

Gruß Volker

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Grüß Dich.

Womit du ausdrücken möchtest, die Hauptschullehrer haben keinen
anderen Plan, als Kinder zu verdummen, zu bremsen und zu erniedrigen?

Nein, ich bin bekennender Lehrerfreund.

Aber: Wenn ich so höre, wie kritiklos inzwischen viele Lehrer (junge Lehrer) dieses leistungshemmende Affentheater (=offener Unterricht) hinnehmen oder gut finden, ist meine Geduld mit solchen „Lehrern“ schnell am Ende.

Einige wichtige Tatsachen sind inzwischen gut durch Studien belegt, u.a. der Umstand, daß die Leistungen der Schüler deutlich steigen, wenn der Unterricht hohe Anforderungen durchsetzt, die oberhalb des üblichen Mittelmaßes liegen.

Es gibt keine Hauptschüler, sondern Hauptschüler werden durch das gegliederte Schulsystem im wahrsten Sinne des Wortes gemacht. Natürlich gibt es leistungsschwächere Schüler, doch das rechtfertigt in keinster Weise die Gliederung des Schulsystems, sondern diese Schüler müssen im heterogenen Klassenverband verbleiben, um ihre volles Leistungspotential auszuschöpfen.

Was passiert in der Bundesrepublik?
Bereits die Grundschule ist eine Katastrophe; zuwenig Stoff, zu langsame Stoffvermittlung, leistungsfeindliche Methodik; wirkungsloser Methodenzirkus.
Dort geraten die Schüler im mittleren und unteren Leistungsbereich bereits am 1. Tag der 1. Klasse auf die schiefe Schulbahn.
Dann, nach der vorsintflutlichen Frühauslese, werden die Schüler auf eine gute Schule, eine mittelmäßige Schule und eine schlechte Schule verteilt.

Jetzt kommt es knüppeldick für die Kinder und die Ideologie des gegliederten Schulsystems schlägt voll zu. Statt der Propaganda, die man seit Jahrzehnten in den Schulgebäuden Westdeutschlands vernimmt und die besagt, daß die Leistungen der Kinder in homogenen Gruppen optimal ausgeprägt und ausgeschöpft wird, ereignet sich das fulminante Gegenteil. Das Gymnasium rennt den anderen Schulformen davon - das nennt man in der Mathematik einen indirekten Beweis.
Das Dogma der Frühauslese wäre korrekt, wenn die Schulformen ähnliche oder gleiche Leistungsfortschritte erzeugen müßten, denn die Kinder wurden deswegen ja in die für sie beste Umgebung verschoben.
Stattdessen versackt die Hauptschule, und mehr und mehr auch die Realschule, in den Niederungen der Bildung. Warum? Unterschiedliche didaktisch-methodische Ansätze. Im Gymnasium kondensiert sich eine leistungsfreundliche, fordernde Atmosphäre, während in der Hauptschule die Anforderungen am Boden liegen u n d zugleich zu lasch gelehrt wird.
Die indiskutablen Verhaltenszustände, die ein diszipliniertes, rationelles Lehren erschweren oder unmöglich machen und die ausschließlich von den größtenteils inkompetenten Eltern zu vernantworten sind, kommen als lustige Dreingabe hinzu.

In diesem Sinne sind die Lehrer nicht völlig unschuldig, daß wir uns bezüglich des Bildungsgrades in steilem Sturzflug befinden. Die Lobby schaut sozusagen tatenlos zu, wie das System, was seit seiner Restauration 1945 die gleichen Probleme wie heute hatte, jetzt vollends unter den Augen aller Bürger zusammenfällt.

Aha, also etwa so wie in England, wo mittlerweile die von dir
beschriebe Akademikerschicht bzw. Eltern, die ihre Kinder nach
ihrem Intelligenzstand gefördert sehen möchten, diese auf
teure Privatschulen schicken, um dem Einheitssystem zu entgehen?

Soll das Dein Argument sein?

Den Erfahrungen gemäß ist es anzuweifeln, daß diese Eltern ihre Kinder dem Intelligenzgrad entsprechend gefördert sehen möchten,
sondern das Ausklinken aus den staatlichen Strukturen ist ein Haschmich der Oberschicht. Absondern vom Rest, nicht wegen der Intelligenz, sondern wegen der gesellschaftlicher Herkunft.
Das kenne ich noch gut aus DDR-Zeiten. In den 60ern war das Schulsystem offen und auf dem besten Wege den völligen Ausgleich zwischen den Klassen zu erreichen. Und dann stellten die stalinistischen Führungseliten plötzlich fest, daß ihr Nachwuchs von den eigenen, ausgewogenen Mechanismen betroffen bzw. benachteiligt würde.
Die Reaktion war dann das, was dem DDR-Schulsystem zurecht Ende der 80er vorgeworfen wurde. Das Schulsystem schnürte die Arbeiterklasse und die unpolitisierte Intelligenz von den höheren Bildungswegen ab, während die Führungsclique Ausnahmen und Sonderrechte für sich selber schuf.

Wer ein vernünftiges Bildungssystem will, muß Privatschulen verbieten oder dem völligen staatlichen Durchgriff unterwerfen.

Was Du beschreibst, das sieht man überall auf der Welt, wo den wohlhabenden Kreisen Möglichkeiten gegeben werden, sich vom Rest der Gesellschaft abzusondern.
Rußland zum Beispiel. Nach der Auflösung der elfklassigen Einheitsschule blutet das öffentliche Schulwesen in Rußland nach und nach aus, weil die postkommunistischen Neureichen sich dem System entziehen und der Rest bleiben kann, wo der Pfeffer wächst.
Die USA hat seit Jahren die Endstufe dieser Entwicklung erreicht; volle Aufstiegschancen nur mit Cash und namhaften Privatschulen.

Oder sieh Dir doch unsere scheinheiligen Unionspolitiker an. Zum Beispiel Doktor Norbert Röttgen. Palavert großmäulig vom bagabungsgerechten gegliederten Schulsystem, und zwar in jeder Sendung, aber die eigenen Kinder kommen natürlich auf Privatschulen.
Und das gilt für diese Kreise vor allem dann, wenn der Sprößling keine Gymnasialempfehlung bekommt.

Der einzige, den ich offensiv habe mit diesem Problem umgehen sehen, ist Karl Lauterbach. Der sagte in einer Gesprächsrunde 2007 zur besten Sendezeit tatsächlich:

„Das Lob der konservativen und bürgerlichen Parteien für das gegliederte Schulsystem ist absolut scheinheilig, denn keiner von uns hier in der Runde, die wir in gesellschaftlich privilegierten Positionen sind, würde sein Kind auf eine Hauptschule lassen.“

Den Satz muß man sich auf der Zunge zergehen lassen und für diese Ehrlichkeit hätte er sich das Bundesverdienstkreuz verdient.

Es ist klar, daß solche Privatschulbewegungen unterbunden werde müssen, wenn eine Einheitsschule funktionieren soll.

Ist es das, was du optimal findest?
Für mich ist das das Gegenteil von Begabtenförderung…

Wissenschaftlich belegt ist, daß die leistungsstarken Schüler in homogenen Gruppen nicht schneller vorwärtskommen, als wenn man sie in leistungsgemischten Gruppen ließe, daß aber die leistungsschwächeren Schüler rigoros abstürzen, wenn sie unter ihresgleichen bleiben. müssen.

Was Du ansprichst, ist kein Problem der Einheitsschule, sondern Du hast vielmehr die Ehre, zu erleben, welchen geistig degenerierenden Einfluß das gegliederte Schulsystem auf die Kinder hat.
Dein Beispiel ist doch kein Klassenverband, der sich in einer durchorganisierten Einheitsschule aufhält. Sondern das sind bewußt für verschiedene Schulformen auseinanderentwickelte „Produkte“, die plötzlich integriert unterrichtet werden sollen. Auf solche hohen Ansprüche ist das gegliederte Schulsystem überhaupt nicht ausgelegt; die ideellen Grundprinzipien nicht, die Vorschulerziehung in Kinderkrippen und Kindergärten nicht, die Lehrerbildung nicht, die Schulgebäude nicht.

Was glaubst Du also, was passiert, wenn Du solche Kinder ohne eine dafür entwickelte Schulstruktur zusammensteckst?

die übrigens fast alle Lehrwerke der DDR früher auf postalischem
Tauschweg erhalten hat und sie durchaus mittelmäßig findet

-) :smile:

Und weil das alles natürlich so mittelmäßig war, liest man heute flächendeckend in der Fachliteratur, daß diverse schulische Untersuchungen Anfang und Mitte der 90er der DDR-Schule bessere Schulerfolge als dem gegliederten Schulsystem zusprachen.
Und Finnland, international für sein bestenfalls mittelmäßiges Bildungssystem bekannt, hat sich die DDR-Schule auch nur zum Vorbild genommen, weil wahrscheinlich die BRD gerade keine Zeit hatte für die finnischen Delegationen. :wink: :wink: :wink:

Viele Grüße :smile:

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Nun ja, aber bis auf Finnland und Japan (wo es auch kein rein eingliedriges System gibt) stürzen doch die eingliedrigen bei PISA und auch real total ab. In Frankreich hat ein Abschlussjahrgang am Collège teilweise 20% Analphabeten. In England ziehen Eltern mit ihren Kindern um, damit sie für Aufnahmeprüfungen für die letzten existierenden Grammar Schools (auch staatliche)in Frage kommen. Diese Grammar Schools sind den deutschen Gymnasien nachempfunden und erreichen regelmäßig beste Ergebnisse im Ofsted Report. Kaum Comprehensive Schools schaffen es auf gute Ergebnisse - und die sind doch genau das, was du propagierst: eingliedrig.

richtig - und wenn wir die finnischen Verhältnisse genauer betrachten stellen wir fest, dass die Klassengrößen geringer sind, die Versorgung mit Sozialpädagogen für die schwierigen Kinder besser und der Anteil der nicht finnisch sprechenden Kinder praktisch Null ist. Liefere einem Grundschullehrer (in Berlin-Kreuzberg oder sonstwo) eine Klasse mit 18 Kindern, die alle muttersprachlich deutsch sind, dazu einen Fulltime-Sozialarbeiter, dem er auffällige Schüler temporär anvertrauen kann und er wird fulminate Lehrerfolge haben…Kostet halt Geld!

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Ich wage noch anzumerken, dass der Grundschullehrer in der Regel nicht alleine wäre, sondern dass zwei hauptamtliche Lehrkräfte, vorzugsweise ein Mann und eine Frau, diese 18 Kinder gemeinsam unterrichten würden.

Hallo,

mir gings ähnlich

mir auch, aber umgekehrt, und ich bin heute ziemlich froh, dass sich meine Grundschullehrerin mit der „besseren“ Empfehlung gegen den Wunsch meiner Eltern durchgesetzt hat. Es wird immer davon ausgegangen, dass die Lehrerempfehlung Kinder benachteiligen würde, aber es kann doch genauso gut umgekehrt sein. Ausschließlich den Eltern würde ich die Entscheidung jedenfalls nicht überlassen wollen.

Grüße
Sonja

Sei gegrüßt.

stürzen doch die eingliedrigen total ab

Achso? Wo denn?
Wo wird denn seit 1991 eine echte Einheitsschule gemacht?
Nirgends.

Was abstürzt, ist die Gesamtschule, die nach außen den integrierenden Schein ausstrahlt und nach innen wie das gegliederte Schulsystem Differenzierung betreibt.

Und das ist das entscheidende Problem mit dieser Rhetorik: Nachdem fulminanten Scheitern unseres herrlich frischen Schulsystems, was ja nur lumpige 200, 250 Jahre alt ist, versucht man allenfalls Ausreden zu erfinden, vor allem um das Gymnasium in der jetzigen Form zu retten. Der Rest kann zusehen, wie er vorwärts kommt, hauptsache für die bessergestellten Eltern wird das Gymnasium nicht angerührt.

Daß das System an sich vollkommen falsch ist und den Ansprüchen einer modernen Industriegesellschaft nicht gerecht werden kann, wird ausgeblendet und schöngeredet. Wenn eine Schulstruktur mit den oft als Prellbock genannten Ausländern überhaupt keine Probleme hätte, wäre das ein Einheitsschulsystem. Einheitsschulsystem wohlgemerkt, nicht Gesamtschule. Sondern Kinderkrippe und Kindergarten als vorgeschaltete Schule und dann eine einheitliche Oberschule, die nach acht Jahren für die Leistungselite einen Sonderweg bietet. Denn unter solchen Zuständen wäre es ohne großen Aufwand möglich, die Vorschulerziehung zur Pflicht zu erklären, so daß Integrationsprobleme im Keim erstickt würden.

Daß die integrierten Schulsysteme in manchen Ländern scheitern, ist in allen Fällen eindeutig mit einer gescheiterten Integrationspolitik in Deckung zu bringen. In Frankreich ist das so, in den USA ist das teilweise so. Etwas anderes ist in den Fachartikeln nicht zu lesen. Die Beteiligten kommen immer auf den Punkt, daß die Eltern mit brachialer Gewalt Schlupflöcher und Lücken im System suchen, sich dem System aus reinem Standesdünkel entziehen wollen und die Ausländer als Parallelgesellschaft zurückbleiben.

Wenn es sie denn in nennenswerter Zahl gegeben hätte, hätten die Ausländer in der DDR gar nicht so schnell schauen können, wie das staatliche Bildungssystem massiv in deren Kindererziehung eingegriffen hätte, um sprachliche und intellektuelle Chancengleichheit abzusichern.
Ähnliches galt nämlich bereits für die Deutschen in der DDR; Kinderkrippe und Kindergarten waren zwar feiwillig, doch im 6. Lebensjahr mußte jedes Kind, was nicht in staatlichen Erziehungseinrichtungen betreut wurde, verpflichtend zu den „Lern- und Spielnachmittagen“ gehen. Da wurde Vorschule nach Plan gemacht, so daß diese Kinder möglichst nicht hinter die anderen, frühgeförderten Kinder zurückfielen.
Der Unterricht der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule war nicht oder nur sehr begrenzt dafür geeignet, Kinder zu bilden, die nicht zum Zeitpunkt der Einschulung auf dem sprachlichen und geistigen Stand eines normalen, frühzeitig geförderten Muttersprachlers lagen.
Die paar Prozent Schwererziehbare und die geistig und körperlich Behinderten wurden in die zehnklassige allgemeinbildende Sonderschule ausgelesen. Und in der Unterstufe wiederholten 20-25% der Kinder eine Klasse, weil die Anforderungen eben nicht auf dem minimalen Nenner der Leistungsschwachen ausgerichtet waren.

Wie ich es außerdem schon einmal betonte: Einheitsschule ist nicht einfach nur die eine Schule für alle. Einheitsschule, und das ist die Deutungshoheit der DDR, ist keine isolierte Schulform, die aus irgendwelchen Randbedingungen und irgendwelchen Kindern das beste herausholen muß, sondern Einheitsschule ist ein organisch gelenkter Verbund mehrerer Schulen, die vom kleinsten bis zum größten Zahnrädchen aufeinander zugeschnitten worden sind. In dem Sinne war das Schulsystem der DDR absichtlich niemals eingliedrig.
Für linke Spinnereien und die sozialistische Gleichmacherei einer eingliedrigen „Schule für alle“ ohne Sitzenbleiben, ohne Zensuren und mit offenem Unterricht war im Bildungssystem der DDR kein Platz.
Das Max-Planck-Institut bestätigte übrigens in Untersuchungen, daß der fachlich bessere Unterricht ein disziplinierter, durchorganisierter, lehrerzentrierter Unterricht ist, der im Wesentlichen methodisches Handwerk erfordert.
Die Finnen würden zustimmen. Das ist schließlich das, was sie in den 60ern und 70ern in der DDR erlebt haben. Methodik, nicht Didaktik oder gar hochgezüchtete, weltfremde Erziehungstheorie.

Zum Glück für die Honecker-DDR mußte sie sich nicht öffentlich mit der Ulbricht-DDR vergleichen, denn ich persönlich schätze, daß die zweijährige EOS nach der 10. Klassse im Direktvergleich mit der vierjährigen EOS nach der 8. Klasse schlechter abgeschnitten hat. Der Aufbau einer echten Zehnklassenschule für alle Kinder 1970 stieß aus gutem Grund nicht gerade auf Gegenliebe bei den Eltern und auch nicht bei den Pädagogikspezialisten.
Außerdem leiden die spezialisierten Klassen (z.B. mit verstärktem sprachlichen Unterricht) unter solchen Tendenzen.

Das Niveau war trotzdem noch gut, besser als heute allemal, doch meine Frau und ich hätten für unsere Kinder lieber ein 8+2 bzw. 8+4 Modell gesehen, statt die zehnjährige Pflichtschule, der sich keiner entziehen durfte. Ab einem gewissen Punkt ist es nicht mehr optimal, die im Erwachsenwerden begriffenen Kinder einfach zusammenzustecken.
Dieser Punkt ist jedoch gewiß nicht die 4. oder die 6. Klasse.

Viele Grüße :smile:

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Gleichmacherei fördert?

Sei gegrüßt.

Vermutlich hofft man, dass mit der Abschaffung der Hauptschule
auch die schwachen Schüler abgeschafft werden…

Du meinst die Schüler, die vom gegliederten Schulsystem zuvor
bewußt zu Hauptschülern gemacht werden und die in der
Hauptschule kontinuierlich verdummt und gebremst werden?

Hallo Reinerlein,

ich hoffe, die mitlesenden Lehrer nehmens mir nicht übel, aber ich habe das Gymnasium eigentlich auch immer als Verdummungsanstalt und Lernbremse erfahren. Gelernt hab ich in der Bücherei.

Ich glaube, dass es ungefähr die Hälfte aller Schüler, nämlich die, die auch nur leicht über dem Durchschnitt sind, als Lernbremse empfinden. Ob dieser Missstand durch noch mehr Gleichmacherei behoben wird, ist doch eher unwahrscheinlich, gell?

Nick

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Hallo,

Inragekommenden

finde ich besonders schön!

-)

Grüße
Artemis

Selekton mal wieder
Hallo Orchidee,

Und
die verpflichtende Grundschulempfehlung ist halt in Zeiten der
so genannten Chancengleichheit obsolet. Da lässt man die
Kinder lieber am Gymnasium scheitern als sie auf die richtige
Schule zu schicken, obwohl der Geundschullehrer schon wusste
was er tat mit seiner Empfehlung.

Du trittst hier in der Rolle eines meiner Lieblingsfeindbilder auf. (bitte nicht persönlich nehmen)
/t/bloss-nicht-zu-viele-gute-schueler/4733911
/t/herkunftsbedingte-selektion/2566080
/t/empfehlung-nach-der-grundschule/2696361/10

Grundschullehrer mögen zwar wissen was sie tun, nur wird dies häufig nicht unbedingt im Sinne der Kinder und der Gesellschaft sein. Siehe hierzu besonders der erste Link.

Die leistungsbedingte Selektion der Kinder nach der vierten oder sechsten Klasse gibt es weltweit nur im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz) und in Nordirland.
Warum wohl?
Und zeichnen sich diese Länder durch besonders gute Schüler aus? Nicht soweit mir bekannt ist. Dafür rügte die UNESCO (wenn ich mich richtig erinnere) die starke Abhängigkeit der Bildung von der sozialen Herkunft in Deutschland.

Es spielt halt viel ideologische Verbohrtheit eine Rolle.

Gruß
Carlos

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Hi,

wieso wollten dich deine Eltern auf eine Realschule (denk ich mal) schicken, obwohl die Lehrerin Gymnasium (mein Tipp) vorschlug?
Versteh ich nicht.

Gruß
Steffie

Hallo Steffie,

wieso wollten dich deine Eltern auf eine Realschule (denk ich
mal) schicken, obwohl die Lehrerin Gymnasium (mein Tipp)
vorschlug?
Versteh ich nicht.

Da gibt es schon einiges, was manche Eltern vorbringen: „Geldverschwendung“, „heiratet sowieso“, „gab’s in unserer Familie noch nie“, „soll im eigenen Betrieb mithelfen“ und Ähnliches.

Viele Grüße
Kati