Ich denke, das Problem ist: Mobbing ist heute ein Modebegriff.
Jeder, der bei seinen Kollegen zweimal aneckt, stilisiert sich
selbst zum Mobbingopfer hoch. Das ist auch ein bequemer Weg,
berechtigter Kritik aus dem Weg zu gehen.
Richtig, leider. Das ist auch der Grund, warum oftmals Konflikte in Gruppen noch weniger gut gelöst werden. Ein Grund mehr, das auch als Gruppenphänomen rechtzeitig zu begreifen.
Als ich geschrieben
habe, daß Du vermutlich noch kein wirkliches Mobbingopfer
getroffen hast, habe ich das ncht böse oder abwertend gemeint
Dem schließe ich mich an. Auch meine Aussage in der Richtung sollte kein Vorwurf sein. Ebenso der Hinweis, dass die Vorstellung fehlt, was Mobbing wirklich ist.
Eine berechtigte Kritik an einem
Kollegen, der deutliche Mängel in der Sozialkompetenz
aufweist, ist noch kein Mobbing.
Streiche das „noch“ . Eine berechtigte Kritik am Kollegen - egal wogegen - ist nie Mobbing. Das wird durch zwei Begriffe ausgeschlossen: „Eine“ impliziert, dass es sich um singuläre Ereignisse handelt (was nicht heißen soll, dass nicht häufiger kritisiert werden kann und soll, aber eben nicht systematisch) und „berechtigt“ weist darauf hin, dass ein sachlicher Grund vorliegt. Für Mobbing ist charakteristisch, dass beides nicht vorliegt (davon ausgehend, dass ich das hier jetzt weniger deinetwegen als Richtung Nemo nochmal betone )
Trotzdem frage ich mich, was hatte Kate an sich, dass sie
derart den Hass auf sich zog, was hat sie falsch gemacht?
Vielleicht nichts. s.u.
Wie ich weiter oben schon geschrieben habe: Das einzige, was
man allenfalls sagen könnte, daß bei den Opfern tendenziell
ein geringes Selbstbewusstsein besteht - wobei man selbst
darüber streiten kann, ob das nun Ursache oder Folge des
Mobbings ist.
Da gibt es wohl kein entweder oder. Es dürfte sogar ziemlich sicher sein, dass Mobbing erst einmal gewaltig am Selbstbewusstsein nagt. Wenn jemand es schafft, mit Unterstützung da hinauszukommen, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er / sie gestärkter ist als vorher (was nicht heißt, dass Wunden bzw. Narben bleiben). Das ändert aber auch nichts daran, dass Mobbing auch auftreten kann, wenn jemand selbstbewusst ist.
Ich selbst habe Mobbing ein Mal erfahren. Nur eine kurze Episode und noch in einem Ausmaß mit begrenztem Schaden und ohne Langzeitschaden, wobei sicherlich eine Rolle gespielt haben dürfte, dass die persönlichen, insbesondere aber auch die Voraussetzungen im Umfeld gut waren.
Von Bekannten auf eine leitende Stellung einer kleineren Einheit gehoben, die sich gerade in einer Krise befand. Man hatte mich gefragt, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen und weil man - so sagte man mir - kurzfristig jemanden wollte, dem man blind vertrauen kann (sic!). Es stellte sich im Grunde innerhalb von 48 Stunden heraus, dass man nur eine Marionette wollte, um - das zu erkennen, habe ich ein paar Tage länger gebraucht - Geschäft in Grauzone abwickeln zu können. SO war Vertrauen gemeint gewesen…
Was ich da erlebt habe, war recht lehrbuchmäßig: Unterlagen wurden vorenthalten oder falsche weitergereicht; man hat „vergessen“, mir Termine mitzuteilen, zu denen ich dann nicht erscheinen konnte oder diese nur zufällig mitbekommen habe. Mir wurde, obwohl als Leiterin dafür natürlich verantwortlich, der Einblick in Buchhaltung und Kassenbuch / Kasse verweigert. Man hat mich ein extern auf Termin einzureichendes Konzept schreiben lassen - und hinter meinem Rücken ein eigenes verfasst und vor Termin abgeben. Man hat externen Partnern falsche Infos weitergegeben, mit dem „nett gemeinten“ Hinweis, die Neue hat es halt (noch) nicht drauf. Vollpfosten lässt grüßen. Und noch einige kleinere und größere Schikanen mehr.
Kern war in meinem Fall eine Assistentin (Verwaltungskraft), die eigentlich den Boss mimen wollte, dafür aber nicht qualifiziert war. Sie verfügte aber zu hervorragenden Kontakten zum Hauptkunden. Da es sich um eine „Außenstelle“ handelte, war maßgeblich, was der Inhaber dazu sagte. Dem war die (auch juristisch!) gefährliche Mauschelei wurscht, weil er den speziellen Kontakt zum Hauptkunden nutzen wollte.
Damit war trotz meiner Bemühungen, eine sachliche Lösung zu finden, nach 6 Wochen klar, dass das nichts wird. Ich bin nach nicht einmal 2 Monaten gegangen und konnte gehen, weil ich wusste, wohin. Trotzdem hatte ich zu dem Zeitpunkt schon massive Magenschmerzen, Schweißausbrüche, wache Nächte, … Ich wusste, wenngleich das einige Jährchen her ist und der Begriff Mobbing damals (in den 90ern) noch nicht im Sprachgebrauch war, sehr wohl um die Dynamik und die Ursachen solcher Prozesse. All das hat mir nur bedingt genutzt. So schnell den Absprung erwischt habe ich nur mit Hilfe guter Freunde und vor allem eines hervorragenden Hausarztes. Der hat sich schlicht geweigert, mir die von mir „angeforderten“ Pillchen zu verschreiben und hat mich mit sanftem Tritt in den Allerwertesten dynamisch auf den Topf gesetzt. Auch wissend, dass ich aus Überzeugung nicht diejenige bin, die mit Pillen Probleme löst.
Seit dem weiß ich, was für Auswirkungen solche Mechanismen haben können. Ich weiß, wie schnell das geht, so schnell, dass sich innerhalb kürzester Zeit das eigene Weltbild verkehrt, weil man gar nicht so schnell begreift, was da gerade passiert. Ich weiß, wie das ist, wenn die Selbstzweifel kommen und man selbst schon glaubt, man ist völlig bekloppt, weil das, was an Methoden angewendet wird, genau darauf ausgelegt ist.
Was meine „Schuld“ war? Ich war die falsche Person am falschen Ort. Drei Personen waren an dem Spiel beteiligt. Bei zweien hätte es vielleicht gereicht, wenn ich mich auf die Mauscheleien eingelassen hätte. Bei der Assistentin war es aber die bloße Existenz auf dem Posten, die für ein Todesurteil gereicht hat.